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Aus dem Leben eines Landrates – Was ist eigentlich mit unserer Jugend los?

Landrat Ali Doğan beschäftigt sich dieses Mal mit der Jugend von heute und der damit verbundenen speziellen Herausforderung.

Foto: Simone Kaatze

Von Ali Doğan

Wie häufig habe ich in den letzten Monaten gehört, dass „die Jugend von heute nicht ausbildungsreif ist“. Von jungen Menschen, die von dem einen auf den anderen Tag nicht mehr zur Ausbildung erscheinen, ständig zu spät sind oder die einfachste Tagesstruktur nicht verinnerlichen können. „Was ist eigentlich los mit unserer Jugend von heute“, ist man geneigt zu sagen. Bei meinen zahlreichen Terminen spreche ich mit unterschiedlichsten Menschen. Mal ist es die Familienunternehmerin, mal die Lehrkraft, mal ein ehrenamtlicher Vereinsvertreter, dann eine Seniorin (oder aber auch mal ein Obdachloser, der beim Leistungsantrag Probleme hat). Mehrere hundert Personen kommen so jede Woche zusammen, mit denen ich mich im Austausch befinde – möglichst vielfältige Zielgruppen, denn wenn wir wirklich wissen wollen, wo der Schuh drückt, müssen wir zuhören. Und eben, ein spezielles Thema ist häufig: Die Jugend von heute. Klingt abgedroschen? – Mag sein. Ja, die sogenannte Generation Z (Jahrgänge 1997-2010) oder die Generation Alpha (Jahrgänge 2011-2025) bringen tatsächlich „spezielle“ Herausforderungen mit sich. Aber auch hier gilt: Zuhören, bevor wir meckern. Gerade vor Kurzem habe ich mich mit Schülerinnen und Schülern einer Sekundarschule, 7. und 8. Klasse, getroffen. Solche Termine gehören für mich immer zu den besonders schönen. Ich merke, wie sehr junge Menschen sich doch interessieren für die Themen unserer Gesellschaft. Man muss sie nur dort abholen, wo sie stehen. Hier und heute möchte ich also eine Lanze für unsere Jugend brechen: Die Welt ist heutzutage um ein Vielfaches komplizierter geworden als noch vor wenigen Jahrzehnten. Viele blicken pessimistisch oder hoffnungslos in die Zukunft. Sie mussten in der Pandemie-Zeit auf Treffen mit ihren Freunden verzichten, was in diesem Alter eigentlich besonders wichtig ist. Stattdessen waren und sind sie weiter oft online. Jeden Tag prasseln unzählige, meist ungefilterte Informationen auf junge Menschen ein. Sie können sich kaum retten vor der Dauerberieselung. Da ist es nicht leicht, eine Orientierung zu finden. Und wenn ich dann mit ihnen rede, wenn ich ihnen erzähle, welche Hindernisse mir in meinem Leben begegnet sind, dann sehe ich auch Hoffnung, dass es möglich ist, unter schwierigeren Bedingungen Ziele zu erreichen. Schon als ich noch jünger war, hat es mir selbst geholfen, mich ehrenamtlich zu engagieren. Jungen Menschen bietet das Ehrenamt die Chance, sich weiterzuentwickeln, Selbstbewusstsein zu gewinnen, Teamarbeit kennen zu lernen. Durch den Dank, den sie bekommen, erfahren sie auch, wie wichtig Empathie ist. Wenn wir gemeinsam daran arbeiten, dass mehr junge Menschen im Ehrenamt Fuß fassen, gewinnt unsere gesamte Gesellschaft. Denn auch das Ehrenamt kann junge, engagierte Mitstreiterinnen und Mitstreiter gut brauchen. Damit das erfolgreich ist, müssen wir besonders früh ansetzen, und zwar bereits in der Grundschule. Möglicherweise gelingt es uns, wenn wir ehrenamtliche Vereine in den offenen Ganztag einbeziehen und dadurch einen „Klebeeffekt“ erreichen. Wenn uns das gelingt, haben alle einen Gewinn davon. Dann heißt es nicht mehr „Was ist eigentlich mit unserer Jugend los?“ sondern: „Was ist eigentlich alles bei unserer Jugend los?“ Und ich kann heute schon sagen: Ich bin froh, wenn ich mit jungen Menschen spreche. Dafür nehme ich mir sehr gerne Zeit.

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