Samstag, 27. Juli 2024

Anzeige

Neue Allgemeinverfügung der Stadt Petershagen vom 18.03.2020

Foto: Dietmar Meier

Allgemeinverfügung der Stadt Petershagen über das Verbot von Veranstaltungen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 18.03.2020

Gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Februar 2020 (BGBl. I S. 148) i.V.m. § 3 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZVO-IfSG) vom 28. November 2000 und §§ 35 Satz 2, 41 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244), sowie nach den Erlassen des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13.03.2020, 15.03.2020 und 18.03.2020 erlässt der Bürgermeister der Stadt Petershagen als örtliche Ordnungsbehörde nachfolgende Allgemeinverfügung:

1. Für Reiserückkehrer aus Risikogebieten werden für den Zeitraum von 14 Tagen nach Aufenthalt Betretungsverbote für folgende Bereiche erlassen:

a) Gemeinschaftseinrichtungen (Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen, Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen, „Kinderbetreuung in besonderen Fällen“, Schulen und Heime, in denen überwiegend minderjährige Personen betreut werden) sowie betriebserlaubte Einrichtungen nach § 45 SGB VIII (stationäre Erziehungshilfe)
b) Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken
c) stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe, besondere Wohnformen im Sinne des SGB IX sowie ähnliche Einrichtungen
d) Berufsschulen
e) Hochschulen

Die Einrichtungen können das Betretungsverbot für Kontaktpersonen jeglichen Grades, die in systemrelevanten Funktionsbereichen arbeiten, aufheben, solange sie symptomfrei sind. Dieser Personenkreis wird solange ebenfalls nicht unter Quarantäne gestellt. Zur Definition der systemrelevanten Funktionsbereiche wird auf den Erlass des MAGS verwiesen.

2. Für Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie für stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe, besondere Wohnformen im Sinne des SGB IX sowie ähnliche Einrichtungen werden nachstehende Maßnahmen angeordnet:
Diese Einrichtungen haben Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Corona-Viren zu erschweren, Patienten und Personal zu schützen und persönliche Schutzausrüstung einzusparen.
Sie haben Besuchsverbote oder restriktive Einschränkungen der Besuche auszusprechen; maximal ist aber ein registrierter Besucher pro Bewohner/Patient pro Tag für eine Stunde mit Schutzmaßnahmen und mit Hygieneunterweisung zuzulassen. Kinder unter 16 Jahren sowie Besucher mit Atemwegsinfektionen haben keinen Zutritt. Ausgenommen davon sind medizinisch oder ethisch-sozial angezeigte Besuche (z.B. Kinderstationen, Palliativpatienten).
Kantinen, Cafeterien oder andere der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen für Patienten und Besucher sind zu schließen.
Sämtliche öffentliche Veranstaltungen wie Vorträge, Lesungen, Informationsveranstaltungen etc. sind zu unterlassen.

3. Folgende Einrichtungen, Begegnungsstätten und Angebote sind zu schließen beziehungsweise einzustellen:
Alle Kneipen, Cafés (Eisdielen, einschließlich des Thekenverkaufs zur Straße), Bars, Clubs, Diskotheken, Theater, Opern- und Konzerthäuser, Kinos, Museen, Dorfgemeinschaftshäuser und ähnliche Einrichtungen unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder von Eigentumsverhältnissen
Alle Messen, Ausstellungen, Freizeit- und Tierparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen), Spezialmärkte und ähnliche Einrichtungen (z.B. Findlingswald Neuenknick, Badesee Lahde)
Alle Fitnessstudios, Schwimmbäder und „Spaßbäder“, Saunen und ähnliche Einrichtungen
Spiel- und Bolzplätze (hierzu zählen Skateranlagen, Bouleplätze, öffentliche Tischtennisplatten etc.)
Alle Angebote in Volkshochschulen, in Musikschulen, in sonstigen öffentlichen und privaten außerschulischen Bildungseinrichtungen
Reisebusreisen
Jeglicher Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen sowie alle Zusammenkünfte in Vereinen, Sportvereinen, sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen
Spielhallen, Spielbanken, Wettbüros und ähnliche Einrichtungen
Gleiches gilt für Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen.

4. Der Zugang zu Angeboten der nachstehenden Einrichtungen wird beschränkt und nur unter strengen Auflagen sowohl für den Innen- als auch Außenbereich (Besucherregistrierung mit Kontaktdaten, Reglementierung der Besucherzahl, Vorgabe von Mindestabständen zwischen den Tischen von zwei Metern, Hygienemaßnahmen sowie entsprechende Aushänge dazu gestattet:
a) Bibliotheken außer Bibliotheken an Hochschulen und
b) Mensen, Restaurants und Speisestätten sowie Hotels für die Bewirtung von Übernachtungsgästen.

Restaurants und Speisegaststätten dürfen frühestens um 6 Uhr geöffnet und müssen spätestens um 15 Uhr geschlossen werden.

5. NICHT zu schließen ist der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Frisöre, Reinigungen, Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte und der Großhandel. Alle anderen Verkaufsstellen des Einzelhandels sind zu schließen. Dienstleister und Handwerker können ihrer Tätigkeit weiterhin nachgehen.

Alle Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie Tierärzte bleiben unter Beachtung der gesteigerten hygienischen Anforderungen geöffnet.

6. Der Zugang zu Einkaufszentren, „shopping-malls“ oder „factory outlets“ und vergleichbaren Einrichtungen ist nur gestattet, wenn sich dort nicht zu schließende Einrichtungen nach Nummer 5 Satz 1 befinden, und nur zu dem Zweck, diese Einrichtungen aufzusuchen.

7. Geschäften des Einzelhandels für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Apotheken sowie Geschäfte des Großhandels ist bis auf Weiteres auch die Öffnung an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 18 Uhr gestattet, dies gilt nicht für Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag.

8. Sämtliche Verkaufsstellen im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes, soweit sie nicht zu schließen sind, werden darauf hingewiesen, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Hygiene (zwei Meter Abstand, Kontaktvermeidung), zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen zu treffen sind.

9. Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken werden untersagt. Dies gilt auch für Camping- und Wohnmobilabstellplätze.

10. Private und öffentliche Veranstaltungen werden grundsätzlich untersagt. Dies schließt grundsätzlich auch Verbote für Versammlungen unter freiem Himmel wie Demonstrationen ein, die nach Durchführung einer individuellen Verhältnismäßigkeitsprüfung zugelassen werden können.
Ausgenommen sind Veranstaltungen der öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen sowie Veranstaltungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfür- und -vorsorge zu dienen bestimmt sind oder der Versorgung der Bevölkerung dienen (z.B. Wochenmärkte). Ebenfalls ausgenommen sind dringende Sitzungen des Rates und seiner Ausschüsse.
Ausgenommen sind auch Blutspendetermine, die unter Beachtung der der Pandemielage angepassten besonderen hygienischen Vorkehrungen, insbesondere, dass bei Blutspendeterminen die Kontakte auf ein Minimum begrenzt werden, die Verweildauer der Spender möglichst gering ist und Spender, die einen Anhalt für einen Infekt bieten, bereits zu Beginn erkannt werden und den Termin umgehend verlassen, durchgeführt werden, da sie der Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Blutprodukten dienen.

Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass die Durchführung von Oster-/Brauchtumsfeuern untersagt ist.

Versammlungen zur Religionsausübung unterbleiben ebenfalls.

11. Sämtliche Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen, Heilpädagogischen Kindertageseinrichtungen und „Kinderbetreuungen in besonderen Fällen“ (Brückenprojekte) haben in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich Kindern im Alter bis zur Einschulung sowie Schülerinnen und Schülern sowie deren Erziehungsberechtigten bzw. Betreuungspersonen den Zutritt zu Betreuungsangeboten zu untersagen. Auszunehmen von Satz 1 sind Kinder im Alter bis zur Einschulung sowie Schülerinnen und Schüler, deren Erziehungsberechtigte bzw. Betreuungsperson eine unentbehrliche Schlüsselperson ist. Diese Betreuung soll erfolgen, sofern eine private Betreuung insbesondere durch Familienangehörige oder die Ermöglichung flexibler Arbeitszeiten und Arbeitsgestaltung (bspw. Homeoffice) nicht gewährleistet werden kann.

Für unentbehrliche Schlüsselpersonen können die genannten Einrichtungen Ausnahmen von dem Betretungsverbot zulassen.
Schlüsselpersonen sind Angehörige von Berufsgruppen, deren Tätigkeit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung und der Aufrechterhaltung zentraler Funktionen des öffentlichen Lebens dient. Dazu zählen insbesondere:

Alle Einrichtungen, die der Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung und der Pflege sowie der Behindertenhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr (Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz), der Sicherstellung der öffentlichen Infrastrukturen (Telekommunikationsdienste, Energie, Wasser, ÖPNV, Entsorgung), der Lebensmittelversorgung und der Handlungsfähigkeit zentraler Stellen von Staat, Justiz und Verwaltung dienen.

Die Unentbehrlichkeit ist der betreffenden Einrichtung gegenüber durch eine schriftliche Bestätigung des jeweiligen Arbeitgebers bzw. Dienstvorgesetzten nachzuweisen.

12. Die Anordnungen unter Ziffern 1 – 11 sind sofortig vollziehbar.

13. Die Allgemeinverfügung gilt im gesamten Gebiet der Stadt Petershagen.

14. Die Allgemeinverfügung ist befristet bis 19.04.2020 um 24.00 Uhr.

15. Auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen diese Anordnungen wird hingewiesen (§75 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Infektionsschutzgesetz).

16. Die Allgemeinverfügung tritt am Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft. Die Allgemeinverfügung vom 16.03.2020 wird aufgehoben.

Begründung:

Die Stadt Petershagen ist nach § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG i.V.m. § 3 ZVO-IfSG für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zuständig. Unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen.

Gemäß § 2 Nr. 1 IfSG sind Krankheitserreger im Sinne des Infektionsschutzgesetzes vermehrungsfähige Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann. Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG.

Nach der derzeitigen Risikobewertung des Robert Koch Instituts (RKI) zu dem neuen Coronavirus (SARS-CoV-2) handelt es sich auf globaler Ebene um eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation, mit zum Teil schweren und auch tödlichen Krankheitsverläufen. Mit weiteren Fällen, Infektionsketten und Ausbrüchen muss in Deutschland gerechnet werden. Seit im Dezember 2019 erstmals in China Menschen von einer neuartigen Lungenkrankheit befallen wurden, breitet sich das Virus SARS-CoV-2 immer weiter aus. Dies betrifft auch die Stadt Petershagen. Inzwischen sind vier Personen positiv getestet (Stand 18.03.2020).

Die Verbreitung des Coronavirus wird durch die WHO als Pandemie eingestuft. Die WHO definiert eine Pandemie als eine Situation, in der die ganze Weltbevölkerung einem Erreger potenziell ausgesetzt ist und “potenziell ein Teil von ihr erkrankt”. Zudem besteht auf Grund der Risikobewertung des RKI weiterhin auf globaler Ebene eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation, mit zum Teil schweren und auch tödlichen Krankheitsverläufen. Mit weiteren Fällen, Infektionsketten und Ausbrüchen muss in Deutschland gerechnet werden.

Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfchen) z.B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen. Übertragungen kommen im privaten und beruflichen Umfeld, aber auch bei öffentlichen Veranstaltungen vor. Auf diesen kann es unter ungünstigen Bedingungen zu einer Übertragung auf die anwesenden Personen kommen.

Die Stadt Petershagen untersagt deshalb nach umfassender Interessenabwägung und Risikobewertung mit dieser Verfügung weitestgehend alle unter den Ziffern 1-11 aufgeführten Veranstaltungen und Nutzungen in ihrem Stadtgebiet.

Diese Anordnung gilt zunächst befristet bis zum 19.04.2020. Dieser Zeitraum ist angemessen, um die weitere Verbreitung kurzfristig zu verzögern. Eine kürzere Befristung ist nicht angezeigt, da in den nächsten Wochen noch mit steigenden Infektionszahlen zu rechnen ist. Sollte die Entwicklung zeigen, dass die Maßnahmen schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich sind, wird die Anordnung geändert. Sofern über diesen Zeitpunkt hinaus Anordnungen notwendig sind, wird eine entsprechende Verlängerung der Maßnahme erfolgen.

Durch die Einstufung durch die WHO als Pandemiefall sind andere Maßnahmen, die Gefahr ausreichend zu mildern, nicht ersichtlich. Das Zusammentreffen einer Vielzahl von Personen trägt wesentlich dazu bei, das Virus schneller zu verbreiten. Ferner ist auch die Unmöglichkeit der Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten und eine sprunghafte Zunahme von Infektionen in die Abwägung mit einzubeziehen. Diese Allgemeinverfügung ist daher notwendig, um eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.

Nach der Einschätzung des RKI sind zur Bewältigung der aktuellen Weiterverbreitung des SARS-CoV-2 Virus „massive Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes erforderlich“. Es wird das Ziel verfolgt, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus so weit wie möglich zu verzögern. Damit sind gesamtgesellschaftliche Anstrengungen wie die Reduzierung von sozialen Kontakten mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich sowie eine Reduzierung der Reisetätigkeit verbunden.
Die Entwicklungen der letzten Tage zeigen, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Die Zahl der Infizierten steigt stetig an.

Durch die Erlasse des Ministeriums für Gesundheit, Arbeit und Soziales NRW vom 13.03.2020,15.03.2020 und 17.03.2020 ist die Stadt Petershagen angewiesen dafür Sorge zu tragen, dass die zur Verhinderung der Verbreitung von SARS-Cov-2 notwendigen Maßnahmen getroffen werden. Insbesondere sind weitere kontaktreduzierende Maßnahmen zur Beeinflussung der Ausbreitungsdynamik zu ergreifen und Infektionsketten zu unterbrechen.

Hinsichtlich des Auswahlermessens ist laut aktueller Erlasslage grundsätzlich davon auszugehen, dass aufgrund aktueller Entwicklungen und Erkenntnislagen, insbesondere der stark zunehmenden Ausbreitung von SARS-CoV-2 auch bei Veranstaltungen von unter 1.000 Teilnehmern/Besuchern keine Schutzmaßnahmen getroffen werden können, die gleich effektiv, aber weniger eingriffsintensiv sind, als die Veranstaltungen bzw. die oben dargestellten Nutzungen nicht durchzuführen.

Laut den Erlassen reduziert sich das Auswahlermessen der zuständigen Behörden regelmäßig dahingehend, dass nur die Absage oder zeitliche Verschiebung bis zur Änderung der Gefährdungslage und Aufhebung der getroffenen Maßnahmen in Betracht kommt.

Nach den Erlassen hiervon ausgenommen sind bestimmte Nutzungen sowie notwendige Veranstaltungen, insbesondere solche, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfürsorge bzw. Daseinsvorsorge zu dienen bestimmt sind.

Aufgrund der aktuellen Risikobewertung kann nur mit dem Verbot von Veranstaltungen die dringend erforderliche Verzögerung des Eintritts von weiteren Infektionen erreicht werden. Ziel ist es, das Gesundheitswesen nicht zu überlasten und die erforderlichen Kapazitäten für die Behandlung von Erkrankten sowie sonstigen Krankheitsfällen bereit zu halten.

In diesem Zusammenhang komme ich zu dem Ergebnis, dass bei der aktuellen Ausbreitungsgeschwindigkeit das Ziel einer Eindämmung nur erreicht werden kann, wenn vorübergehend jede Veranstaltung unabhängig von ihrer Personenzahl untersagt wird.

Jeder nicht notwendige soziale Kontakt beinhaltet ein derart hohes Gefährdungspotential, sodass nur durch ein Verbot von Veranstaltungen eine Weiterverbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus in der Bevölkerung verhindert oder zumindest verlangsamt werden kann.

Mildere Maßnahmen sind aufgrund des Infektionsweges über Tröpfchen nicht gleichermaßen effektiv. Insbesondere ist es nicht ausreichend, die genannten Zusammenkünfte unter Anordnung von Auflagen stattfinden zu lassen, da nicht gewährleistet werden kann, dass alle empfohlenen Vorsorgemaßnahmen eingehalten werden können und die Risiken durch begleitende Maßnahmen (wie z.B. Händedesinfektion) ausreichend beseitigt wären.

Die Untersagung ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die konkret drohende Gefahr für die Gesundheit und das Leben von Menschen abzuwehren. Diese Gemeinwohlbelange rechtfertigen das Verbot. Die Gesundheit und das menschliche Leben genießen einen höheren Stellenwert als die allgemeine Handlungsfreiheit. Den zu erwartenden wirtschaftlichen Einbußen stehen erhebliche gesundheitliche Gefahren bei der unkontrollierten und nicht mehr nachverfolgbaren weiteren Verbreitung des Corona-Virus gegenüber. Bei der Abwägung überwiegen die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen sowie des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung. Hierbei handelt es sich um Rechtsgüter von sehr hoher Bedeutung. Um dem staatlichen Schutzauftrag gerecht zu werden, ist das Verbot unter Abwägung aller beteiligten Interessen daher gerechtfertigt.

Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach § 28 Abs. 3 i.V.m § 16 Abs. 8 IfSG. Eine Klage hat somit keine aufschiebende Wirkung.

Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Minden erhoben werden. Die Klage ist beim Verwaltungsgericht Minden (Königswall 8, 32423 Minden oder Postfach 3240, 32389 Minden) schriftlich oder dort zur Niederschrift des Urkundenbeamten der Geschäftsstelle oder durch Übertragung eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung –VwGO- und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24.11.2017 (BGBI. S. 3803) einzureichen.

Stadt Petershagen, 18.03.2020
Der Bürgermeister

Dieter Blume

 

Foto: Dietmar Meier

Anzeige

Das könnte Sie auch interessieren
Petershagen

Ganz Neuenknick feiert wieder

Vom 26. bis 28. Juli findet wieder das Bürgerschützenfest Neuenknick mit einem abwechslungsreichem Programm statt.