Dienstag, 30. April 2024

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Über 2000 Postkarten und Briefe für Martin Brase

Quetzen. Kleine Geschenke, Bücher, Schutzengel, handgeschriebene Briefe und Postkarten, liebevoll verziert, mit Gedichten, Botschaften und Geschichten – über 2000 Sendungen aus aller Welt erreichten den an ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) erkrankten Martin Brase an den Weihnachtsfeiertagen, und es werden täglich mehr. Die Aktion „Postkarte für Martin“, von seinen Kindern ins Leben gerufen, war und ist ein voller Erfolg.

„Vier Säcke und zwei Filzkörbe voller Weihnachtsgrüße, unfassbar, dass das alles für ihn angekommen sein soll“, versucht Stefanie Brase (55) die Worte ihres Mannes in einem Interview Anfang Januar wiederzugeben. Ob Gedichte oder Zitate bekannter Persönlichkeiten, Weihnachtslieder oder -geschichten, biblische Sprüche, Einladungen zu einem Handballspiel, Fotoshooting oder Dino-Park mit „dinosaurierstarken Grüßen“, mit Bildern der Familien und Beschreibung von Orten, wo sie leben oder in Urlaub waren, von Schulen und Kindergärten, Sportmannschaften, Eltern von Kindern mit Behinderung, Medizinstudenten oder Angehörigen ALS-Betroffener – „sehr viele Absender haben bewusste Motive gewählt und sich richtig Gedanken gemacht. Das war sehr berührend.“

Dabei hatte die berufstätige Ehefrau und Mutter erst von der Aktion ihrer Kinder Lisa Marie (23) und Mats Oliver (16) erfahren, als die Website ‚postkarte-fuer-martin’ bereits online und die Aktion in den Medien und sozialen Netzwerken angekündigt war. „Dann waren wir alle ganz aufgeregt und es fiel uns schwer, das vor Martin geheim zu halten. Wir haben regelrecht darauf hingefiebert.“ Schließlich flatterte täglich mehr Post ins Haus. Der Briefzusteller stellte unter Absprache schon die gelben Kästen vor die Tür, „spielte für diese Aktion aber gern den Postboten“, so Stefanie Brase.

Heiligabend war es soweit: Martin Brase, der vor den Feiertagen in einer „Beatmungs-WG“ in Nettelstedt untergebracht werden musste, nachdem der zweite häusliche Pflegedienst innerhalb eines halben Jahres absprang, wurde von Weihnachtsgrüßen aus Deutschland, Österreich, Spanien, Tschechien, Kroatien, Schweden, Finnland, Korea, Neuseeland, Australien, Kanada, der Schweiz, den Niederlanden, Seychellen, USA und vielen anderen Ländern überrascht. „Er war zu Tränen gerührt und überwältigt von der grenzenlosen Anteilnahme“, erklärt seine Frau, die ihm seit Weihnachten gemeinsam mit ihren Kindern jede der liebevoll gestalteten, teils tiefgründigen Grußbotschaften aus aller Welt vorliest.

So schrieb ihn beispielsweise ein neunjähriger Junge aus Syrien an, der jetzt in Hannover wohne. Und eine der ältesten Absender, eine 88-jährige Frau, teilte sinngemäß mit: „Danke, für diese Aktion Ihrer Kinder. Jetzt weiß ich, dass es sich lohnt, weiterzuleben.“

Viele brachten zum Ausdruck, dass es doch noch Menschlichkeit gebe. Andere hätten seit Jahren keine Weihnachtskarte mehr geschrieben. „Das hat eben einen ganz anderen Charakter als schnell mit dem Handy“, erklärt Stefanie Brase und kann den Tausenden von Menschen, die ihren unheilbar an ALS erkrankten Mann grüßten, nur zustimmen: „Das ist es, was Weihnachten ausmacht. Anderen Menschen eine Freude zu bereiten, die nichts kostet. Die kleinen Momente und Gesten zählen.“

Tatsächlich wird die erfolgreiche Aktion von Lisa Marie und Mats Oliver Brase weitergehen. Denn „viele wollen ihm weiterhin schreiben“, so seine Frau. Die Familie Brase bedankt sich von ganzem Herzen bei allen Mitwirkenden.

Text: Namira McLeod, Fotos: Namira McLeod (1), privat (1)

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