In Petershagen leben wir mit den Störchen – und begleiten sie in diesem Jahr auf ganz besondere Weise: Mit behutsam eingesetzter Drohnentechnik entstehen beeindruckende Aufnahmen direkt aus den Horsten. Vom ersten Anflug der Elterntiere über das Eierlegen bis zum Schlüpfen und Ausfliegen der Jungvögel – all das wird im Rahmen eines außergewöhnlichen Filmprojekts dokumentiert. Der WDR war dafür im vergangenen Monat zu Gast in Petershagen, Lahde und Neuenknick, um für die Lokalzeit OWL einen einzigartigen Blick in die Kinderstube unserer Weißstörche einzufangen. Was im letzten Jahr noch eher spontan begann, wurde nun systematisch weiterentwickelt: In Kooperation mit Dr. Dietmar Meier und unterstützt durch die Biologische Station entstand die Idee, ausgewählte Horste regelmäßig zu beobachten und den Brutverlauf filmisch festzuhalten. Möglich wurde dies durch die Anschaffung einer hochwertigen Drohne. So entsteht derzeit eine besondere Dokumentation über 15 der 53 besetzten Storchenhorste im Stadtgebiet. Im gesamten Kreisgebiet sind es aktuell sogar 188 – ein neuer Rekordwert laut dem „Bazar“ des Aktionskomitees Weißstörche. Ein klares Zeichen dafür, dass sich der Weißstorch bei uns weiterhin wohlfühlt – auch dank des Engagements vieler Menschen vor Ort. Doch bei aller Faszination geht es um mehr als spektakuläre Naturbilder: Der Beitrag ist zugleich ein Appell für Rücksichtnahme und Artenschutz. Die Aufnahmen sollen sensibilisieren – für den Schutz der Lebensräume, für mehr Wissen über das Verhalten der Tiere und für den verantwortungsvollen Umgang mit Technik. Denn Drohnenflüge im Bereich von Nestern sind grundsätzlich genehmigungspflichtig – besonders während der Brutzeit. Jede Störung kann die Aufzucht der Jungtiere gefährden.
Ein Erfolg für den Naturschutz
Die Rückkehr des Weißstorches in unsere Region ist kein Zufall. Einen sehr großen Anteil daran hat das Aktionskomitee Weißstörche im Kreis Minden-Lübbecke e.V., das sich bereits seit 1987 für den Schutz und Erhalt der Art einsetzt. Als der Bestand in Nordrhein-Westfalen damals auf nur drei Brutpaare geschrumpft war – alle im Kreisgebiet –, war schnelles Handeln gefragt. Das Aktionskomitee erkannte früh: Ohne ausreichende Nahrung und geeigneten Lebensraum gibt es keine Störche. Durch den Ankauf und die Renaturierung von Flächen – etwa entlang der Weser – sowie die Umwandlung von Acker- in Grünland hat der Verein entscheidend dazu beigetragen, dass sich der Lebensraum für die Tiere verbesserte. Feuchtwiesen wurden wiederhergestellt, Biotope geschaffen, und durch die Öffentlichkeitsarbeit, u. a. über das Westfälische Storchenmuseum im Haus Windheim No.2, wurde das Thema fest in der Region verankert. Heute brüten wieder viele Dutzend Storchenpaare zwischen Schlüsselburg, Windheim und Jössen bis Petershagen – ein sichtbarer Erfolg des konsequenten Einsatzes für den Artenschutz.
Wissen aus erster Hand
Beim Dreh in Neuenknick war auch Diplom-Biologe Daniel Grüning von der Biologischen Station Minden-Lübbecke mit dabei. Als erfahrener Beobachter kennt er nicht nur das Leben im Nest, sondern auch das Drumherum. So zeigte sich am dortigen Horst, wie andere Vogelarten wie etwa Spatzen im äußeren Geflecht des mächtigen Storchennests kleine Nester gebaut haben. Ein faszinierendes Miteinander auf engstem Raum. Spannend war auch, was der Fachmann über das Einzugsgebiet der Störche berichtete: Die Altvögel brauchen rund 200 Hektar (das entspricht einer Fläche von 2 km x 1 km) Feuchtland und kurzes Weideland für ihre Nahrungssuche – ein Beleg dafür, wie wichtig zusammenhängende, intakte Landschaften für das Überleben der Jungtiere sind.
Horst- oder Partnertreue?
Der Storch gilt als Frühlingsbote. Ab Mitte März – meist aber Anfang April – kehren die Tiere aus ihrem Winterquartier in Afrika zurück. Die Männchen treffen oft ein paar Tage vor den Weibchen ein und besetzen, wenn möglich, denselben Horst wie im Vorjahr. Auch die Weibchen zeigen eine ausgeprägte Horsttreue. So finden sich viele Paare tatsächlich über Jahre hinweg wieder – doch entgegen der Legende hat dies nichts mit lebenslanger „Ehe“ zu tun. Treue ist für Störche eher eine Frage des Standorts.
Mehr erfahren – und selbst entdecken
Wer den TV-Beitrag in der Lokalzeit OWL verpasst hat, kann ihn jederzeit in der Mediathek des WDR nachschauen. Und wer Lust bekommen hat, unsere Störche einmal hautnah zu erleben, dem sei die Storchenroute empfohlen: Eine rund 50 Kilometer lange Fahrradtour durch die NRW-Storchenhauptstadt Petershagen – mit zahlreichen Horsten am Wegesrand und spannenden Infotafeln. Aktuelle Bilder, Eindrücke und Geschichten gibt’s zudem auf unserem Instagramkanal unter @storchenhauptstadt_petershagen.
Mitradeln für Petershagen!
Wer sich selbst in den Sattel schwingen und dabei aktiv etwas fürs Klima tun möchte, sollte sich außerdem das Stadtradeln vom 9. bis 29. Juni vormerken – drei Wochen lang, beginnend ab Pfingstmontag. Ob einzeln, als Familie oder im Team: Jeder geradelte Kilometer zählt – für die Gesundheit, die Umwelt und für Petershagen! Jetzt anmelden unter www.stadtradeln.de/petershagen und mitmachen! Weitere Info sind auch unter www.petershagen.de/stadtradeln zu finden.
Evelyn Hotze
Leiterin der Stabstelle Stadtmarketing