Rosenhagen (kri). Mit einem Festakt hat der Seemannsverein Rosenhagen kürzlich sein 125-jähriges Bestehen gefeiert. Sonja Nagel, die seit 2023 als erste Frau dem Verein vorsteht hat als Moderatorin durch den offiziellen Teil geführt. Sie stammt aus dem traditionsreichen Haus Nagel von der Seelhorst, das mit vier Heringslogger-Kapitänen ein Kapitel der Seefahrtsgeschichte mitgeschrieben hat. Zum Festakt waren Ehrengäste und Delegationen der befreundeten Seemannsvereine aus Ilse, Niedernwöhren, Seelenfeld und Windheim erschienen. Am Vormittag stand das Programm ganz im Zeichen der geladenen Gäste. Ab dem Mittag waren dann alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen, mitzufeiern – musikalisch begleitet vom Shantychor Rehburg sowie der Blaskapelle „d’blosvaruckdn Jagerbloosn“. Gerhard Jacke kennt sich bestens mit den Heringsfängern aus und hat über die vergangenen 125 Jahre berichtet. Ursprünglich war der Seemannsverein Rosenhagen ein Zusammenschluss aktiver Seeleute. Gegründet wurde er am 30. April 1900 von 32 Männern – in einer Zeit, in der soziale Absicherung noch nicht existierte. Der Verein übernahm deshalb eine wichtige soziale Funktion: Er war Auffangnetz in Notlagen, unterstützte Hinterbliebene und diente als Solidargemeinschaft, um gemeinsam durch schwere Zeiten zu kommen. „Der Seemannsverein war über Generationen hinweg mehr als nur ein Treffpunkt – er war ein Ort der Solidarität, der gegenseitigen Hilfe und des Stolzes auf einen harten, aber ehrlichen Beruf. Heute sehen wir unsere Aufgabe darin, dieses Erbe zu bewahren und für die kommenden Generationen erlebbar zu machen“, sagt Vorsitzende Sonja Nagel. Die Wurzeln des Vereins reichen jedoch noch weiter zurück: Mehr als 200 Jahre ist es her, dass wirtschaftliche Not viele Männer aus der Region zwang, fernab der Heimat Arbeit zu suchen. Viele zog es als sogenannte „Hollandgänger“ zum Grasmähen in die Niederlande. Dort kamen einige mit der Heringsfischerei in Berührung, heuerten auf holländischen Heringsloggern an – und erkannten die Verdienstmöglichkeiten. Ab etwa 1870 wandte sich der Blick dann zunehmend der aufstrebenden deutschen Nordseefischerei zu. Insbesondere die Bremen-Vegesacker Fischerei-Gesellschaft wurde für viele Rosenhäger Männer zum bedeutenden Arbeitgeber. 1908 fuhren allein aus Rosenhagen 41 Männer zur Heringsfangsaison, die jeweils von Mai bis Dezember dauerte. Die Arbeit war hart, gefährlich und schlecht abgesichert. Umso größer war der Wunsch nach Gemeinschaft, Rückhalt – und einem festen Ort, an dem Erinnerungen und Erfahrungen weitergegeben werden konnten. Heute ist der Seemannsverein Rosenhagen der älteste seiner Art im gesamten Kreis Minden-Lübbecke. Auch wenn es längst keine aktiven Seefahrer mehr im Ort gibt, ist seine Rolle lebendig geblieben. „125 Jahre sind wirklich ein Grund zu feiern, das ist das älteste Jubiläum, auf dem ich bisher war“, sagte Bürgermeister Dirk Breves. „Das war für unsere Region eine bedeutende Zeit, und ich bin froh, dass es den Verein gibt, der die Erinnerung wach hält.“ Auch Ortsbürgermeister Jürgen Nahrwold betonte: „Der Verein ist ein fester Bestandteil unseres Dorflebens und trägt aktiv dazu bei, Geschichte und Tradition lebendig zu halten.“
Ein Name, der dabei immer wieder fällt, ist Heinrich Nagel. Der gebürtige Rosenhagener aus dem Ortsteil Seelhorst heuerte schon mit 14 Jahren auf einem Logger an. Binnen zehn Jahren arbeitete er sich vom Schiffsjungen zum Kapitän hoch. Von 1956 bis 1961 wurde er fünfmal zum deutschen Heringskönig gekürt – eine Ehre, die mit einer silbernen Königskette und einer besonderen Königsflagge gewürdigt wurde. Bis 1962 stand er auch an der Spitze des Seemannsvereins Rosenhagen. Ihm zu Ehren wurde am Mehrgenerationenplatz des Ortes eine Lechner-Figur aufgestellt, die seinen Namen trägt.
