Donnerstag, 28. März 2024

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Diagnose Diabetes – Akzeptiert

Halle. Manchmal entwickeln sich Beiträge für den Anzeiger aus zufälligen Begebenheiten. So auch in diesem Fall, als der Fotograf während eines Fotoshootings am Oberarm von Annalena Sundmäker eine kleine Box entdeckte (Foto rechts), die sich als Messgerät zur Bestimmung des Blutzuckergehaltes entpuppte. In einem anschließenden Gespräch berichtete die 18-jährige, die in diesem Jahr ihr Abitur am Gymnasium Petershagen gemacht hat, in beeindruckend offener Weise über den Hintergrund – Diabetes. Für uns war das ein Thema, das wir bis dato nur „aus der Ferne” kannten. Da das vielen unserer Leser wahrscheinlich ähnlich gehen dürfte, möchten wir hierzu mit einem Interview einige Einblicke geben.

Was genau ist eigentlich Diabetes?

Zunächst einmal gibt es zwei Arten von Diabetes: Typ I und Typ II. Ich habe Typ I. In diesem Fall produziert die Bauchspeicheldrüse kein Insulin  mehr, weshalb der Zucker aus der Nahrung nicht in die Zellen gelangen kann. Das hat zur Folge, dass der Körper ohne Behandlung stark abbaut. Dazu gehören unter anderem Gewichtsverlust, unstillbarer Durst und häufige Krankheiten und Schwächeanfälle. 

Wann hast du gemerkt, dass du Diabetes hast?

Ich war damals elf Jahre alt und fast ein Jahr durchgehend krank mit den heftigsten Bauchschmerzen, die man sich vorstellen kann. Als ich den Hausarzt wechselte, wurde die Krankheit endlich erkannt.

Warst du so jung eigentlich überhaupt schon in der Lage, zu realisieren, dass dich das Thema wahrscheinlich für den Rest deines Lebens begleiten wird?

Ich würde sagen nicht so ganz. Was ich realisieren musste, war, dass die Krankheit nicht heilbar, sondern nur behandelbar ist. Tatsächlich war die Umstellung für mich zuerst aufregend, so komisch das klingen mag. Zum anderen war ich froh, dass es mir nun endlich besser gehen würde, da ich zu diesem Zeitpunkt schon sehr lange unter der Krankheit gelitten hatte, ohne zu wissen, was mit meinem Körper los war. In den ersten Wochen habe ich eigentlich nur den positiven Effekt der Erkennung der Krankheit wahrgenommen: endlich konnten meine Symptome behandelt werden! Dass Typ-1-Diabetes bedeutet für immer „krank” zu sein, habe ich wohl erst in den Wochen realisiert, nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Auch heute gibt es noch Momente in denen ich verzweifle – ich denke, das ist normal.

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Wie sieht dein Alltag mit Diabetes aus?

Manchmal kann man den Diabetes tatsächlich ganz vergessen, obwohl man eigentlich doch ständig acht geben muss. Manchmal erwische ich mich nach sieben Jahren noch dabei, wie ich mich einfach an den Tisch setze und anfange zu essen, ohne vorher meinen Glucosewert gecheckt zu haben. Morgens wie abends spritze ich ein Langzeitinsulin was als Basis über den Tag beziehungsweise die Nacht wirkt. Zu jeder Mahlzeit muss ich für das Essen Insulin spritzen, wobei ich Zwischenmahlzeiten berücksichtigen kann.  Den Zuckerwert kontrolliere ich dafür regelmäßig – zumindest sollte ich das.  Ist der Wert zu niedrig, muss ich dringend Zucker zu mir nehmen. Ist er zu hoch, muss ich mit Insulin „korrigieren“. Eine Sache, die ich klarstellen möchte: Ich darf alles essen und trinken!  Immer wieder begegne ich Leuten, die sich darüber wundern. Ich darf alles essen, ich muss nur für alle Kohlenhydrate Insulin nehmen.

Kann Diabetes gefährlich werden?

Wenn der Glucosewert, also der Zuckergehalt im Körper, sehr niedrig oder hoch ist, ja. Extrem niedrige Werte können sogar zur Bewusstlosigkeit und epileptischen Anfällen führen. Ich habe diese Erfahrung einmal gemacht und kann sagen, dass ich froh war, dass mein Freund bei mir war und den Notarzt rufen konnten. Wenn man aber die Werte regelmäßig kontrolliert, sollte so etwas nicht passieren. In der Regel merkt man, wenn der Zuckerwert sinkt, wobei die Anzeichen bei vielen unterschiedlich ausfallen.

Wie ermittelst du den Glucosewert?

Früher musste ich mit einer Stechhilfe jedes Mal einen winzigen Tropfen Blut (aus dem Finger) abnehmen. Inzwischen gibt es dafür innovative Messsysteme. Alle zehn Tage plaziert man selbst einen Sensor auf die Haut, der auf einen einfachen Knopfdruck eine haardünne Nadel in den Körper führt. Auf den Sensor wird ein Transmitter gesetzt, der den Gewebezuckerwert an ein Testgerät oder direkt aufs Handy übermittelt. Man kann seinen aktuellen Wert also jederzeit einfach abrufen. Eine Funktion, die ich besonders schätze: wenn mein Wert zu niedrig oder zu hoch wird, erhalte ich einen Alarm über eine App direkt aufs Handy. So kann ich Unterzuckerungen leichter vermeiden. Diese neuen Systeme sind schon eine wesentliche Erleichterung im Alltag mit Diabetes.

Text und Foto: Dietmar Meier

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