Von Jessica Höffner
Raddestorf. Wenn Annika Henning (38) und Bianca Henning-Baule (46) an ihre Grenzen stoßen, liegt es zumeist am anderen Ende der Leine. Die beiden Frauen führen seit 2022 die Hundeschule und Pension Weserköter in Jenhorst. Und sie sind sich einig: „Unsere Grenzen sind erreicht, wenn der Mensch nicht bereit ist, mitzuarbeiten.“
Auf dem Hof von Annika Henning und Bianca Henning-Baule ist es nahezu nie ruhig. Auf mehr als 10.000 Quadratmetern haben nicht nur die beiden bei Canis ausgebildeten Hundetrainerinnen und ihr eigenes Hunderudel ihr Zuhause gefunden – in der nahezu dauerhaft ausgebuchten Pension finden zehn Vierbeiner einen Platz; weitere zehn „Tageshund-Gäste“ kommen bei kompletter Auslastung dazu. „Eigentlich ist das wie im Kindergarten. Die Tageshunde werden morgens gebracht und am Nachmittag wieder abgeholt“, sagt Bianca Henning-Baule. Unter ihnen und den Pensionshunden sind längst nicht nur die „Everbodys-Darling-Hunde“. Schon während ihres dreijährigen Studiums zum Hundetrainer hat sich das Duo auf die „schwierigen Vierbeiner“ fokussiert. „Unkastrierte Rüden beispielsweise, die in Hundeschulen und Pensionen nicht immer gerne gesehen sind. Aber auch Hunde, die bereits Mensch oder Artgenossen gebissen haben, sind bei uns willkommen“, sagt Annika Henning. Und von denen, so sagen die beiden, gebe es immer mehr. „Es hat sich verschärft und wird immer schlimmer“, skizziert Annika Henning die aktuelle Situation. Die Gründe dafür liegen auch hier am anderen Ende der Leine, beim Menschen, der in den Augen der beiden Trainerinnen heute keine Grenzen mehr setzen und den Hund erziehen möchte. „Dazu kommt, dass der Hund heute vieles ersetzt – den Partner oder ein Kind. Dadurch wird der Vierbeiner zu etwas gemacht, was er einfach nicht leisten kann“, erklärt Annika Henning.
Etliche Hunde landen dann in Jenhorst – zum Training oder auch zur Unterbringung in der Pension. Mit Blick auf die „schwierigen Hunde“ haben sich Annika Henning und Bianca Henning-Baule längst einen Namen gemacht. Ihre Kunden reisen mittlerweile aus Hamburg, Dortmund oder Köln an. Die Philosophie der beiden: „Jeder will einen erzogenen Hund – aber keiner will sehen, wie man es macht.“ Heißt konkret: Mit Clickertraining und Leckerli wird hier nicht trainiert. „Vielleicht sieht das Canis-Training auf den ersten Blick nicht so nett aus, aber es ist nachhaltig und fundiert“, sagen die beiden Frauen. Trainiert wird über Grenzen setzen und Beziehungsarbeit zwischen Mensch und Hund. Das Erstgespräch dauert 90 Minuten – erst danach entscheiden Trainer und Besitzer gemeinsam, wie das Training in der Folge verlaufen sollte und was Hund und Mensch brauchen.

Aber längst ist die Hundeschule und Pension Weserköter nicht nur Anlaufstelle für Mensch-Hund-Teams. Auch „Langzeitinsassen“ haben hier in Jenhorst mindestens ein Übergangs-Zuhause gefunden – bestenfalls, um irgendwann wieder in die Vermittlung zu gehen. „Theo“ ist einer von denen. Der Rüde kam über den Verein „Herz für Streuner“ zu Annika Henning und Bianca Henning-Baule. „Theo ist durch und durch ein Terrier. Er wurde vier Mal vermittelt und hat immer gebissen“, erzählt Bianca Henning-Baule. Hier in Jenhorst fühlt „Theo“ sich wohl. Er trägt einen Maulkorb und ist damit nicht der einzige. Aber nach und nach haben sich „Theo“ und die Trainerinnen angenähert. Auch deshalb lieben die beiden Frauen ihren Job. „So wie bei Theo entsteht bei vielen Hunden eine gute Basis, wenn sie länger hier sind. Das ist ein schönes Gefühl und wie ein Geschenk“, sagt Bianca Henning-Baule.
Die Pause der beiden Trainerinnen neigt sich dem Ende zu. Die Tage auf dem Hof sind lang, beginnen früh morgens und enden oft erst am späten Abend. Pensionshunde und Tagesgäste müssen versorgt werden, am Nachmittag stehen unterschiedliche Trainingsgruppen und Einzelstunden auf dem Programm. Zwei Mitarbeiter helfen dabei, all das bewerkstelligen zu können. Weitere Unterstützung können Annika Henning und Bianca Henning-Baule gut gebrauchen.
Das Besondere an Weserköter? „Wir sind immer ehrlich und direkt und geben als Hundetrainer eine qualifizierte und objektive Einschätzung des Hundes ab“, sagen die beiden. Sie wissen, wie komplex das Thema Hund und Training ist. Aber sie wissen auch, wie erfolgreich ein fundiertes und nachhaltiges Training ist – wenn der Mensch die Philosophie mitgeht.