Wir finden eigentlich alle unsere Kühe schön und schätzen alle! Aber wenn uns von unserem Zuchtverband (“Osnabrücker Herdbuch”) gesagt wird: Ihr habt besonders schöne Kühe (fachsprachlich mit hohem Exterieur) und eine oder zwei werden von vielen anderen auserwählt an einer Verbandschau teilzunehmen – kommen auch bei uns schonmal Eitelkeiten durch und wir machen mit. Es ist auch eine gewisse Züchterehre. Auch ist es für uns wichtig einem Zuchtverband anzugehören – damit wir Kühe und Rinder hierüber an andere Betriebe vermarkten können.
So auch Anfang August. Nun hat der Verband sich die besten Nachkommen der Bullen Sinus und Alamo herausgesucht. Unsere Kühe Hilke und Rina wurden bei einem „Casting“ für einen Videodreh zu einem Imagefilm der Nachzucht des Bullen Sinus auserkoren. Später werden die besten Töchter des Bullen zusammen im Video präsentiert. Normalerweise würde die Gruppe nebeneinander bei einer Schau stehen – die fachlich geschulten Augen der Züchter erkennen dann die Vorzüge eines Bullens. Hier wird auf das Aussehen (Exterieur) geachtet. Dabei spielt unter anderem der Milchtyp eine Rolle, zum Beispiel: ist die Kuh harmonisch, hat sie eine offene Rippenausprägung oder ein feines Skelett. Beim Euter spielt der Aufbau, die Aufhängung, die Platzierung der Zitzen und die Eutertexterieur eine große Rolle. Die Fundamente, das sind Beine und Klauen, sollten eine gute Stellung haben. Die Beine sollten zum Beispiel gut gewinkelt sein und das Tier sollte sich harmonisch bewegen können. Beim Körperbau spielt die Größe, die Körpertiefe, Beckenbreite und Neigung eine Rolle. Eine gute Nachzuchtgruppe kann den Spermaabsatz des Bullen vergrößern. Der Zuchtverband wird coronabedingt wahrscheinlich sämtliche Schauen absagen, wie die Tierschau in Osnabrück, Eurotier in Hannover oder die Verbandschau im Januar.
Insgesamt gibt es bei der Rinderzucht einen sehr positiven Wandel. Uns war schon immer die Zucht auf Langlebigkeit, leichtes Kalben und Gesundheit der Kühe (vor allem des Euters und der Klauen) wichtig. Auch setzten wir schon einige Jahre „hornlose“ Bullen ein, damit den Kälbern, das Enthornen unter Betäubung erspart bleiben kann. Bei Nachzuchtgruppen zeigt sich eindrücklich, welche Merkmale vererbt werden. Durch die Resultate der Milchkontrolle und den Stammbaum (Zuchtlinien) sowie durch Blut- oder Gewebeproben (Genotypisierung) werden bei den Kühen weitere Vererbungsmerkmale erkannt. Wir haben ausschließlich Kühe aus unserer eigenen Zucht auf dem Hof. Oft stellen wir fest, dass eine Kuh zum Beispiel wie die Urgroßmutter ist. So sieht die Kuh Hilke sehr der ersten Kuh aus der H- Zuchtlinie ähnlich, der Halma von Helmut Teikemeier, die eine erfolgreiche Schaukuh war.
Am 12. August, mitten in der Hitzewelle, fand der Videodreh bei uns auf der Wiese statt. Eigentlich sollte die Hintergrundkulisse die Weser sein. Aufgrund der hohen Temperaturen wollten wir unseren Kühen den Weg dahin aber nicht zumuten. Unsere Kühe sind im Boxenlaufstall freies Laufen gewohnt,. Deswegen wurde mit beiden schon einige Tage zuvor das geführte Laufen am Halfter in den frühen Morgenstunden geübt.
Zum Videodreh kamen 5 Mitarbeiter des Zuchtverbandes, um die Kühe für den Videodreh zu stylen und diese zu führen. Die Kühe wurden zuvor gewaschen und insbesondere Grasflecken von den Knien entfernt. Anschließend wurden feine Häarchen am Euter abrasiert und der Schwanz tupiert und ein wenig mit „Extensions“ aufgebauscht. Auch Haarspray und Puderspray kamen zum Einsatz. Bei der gesamten Styling-Prozedur standen Hilke und Rina recht gelassen im Schatten und störten sich nicht merklich an dem Trubel um sie herum.
Derzeit haben die Kühe ihr dünnes Sommerfell. Zur Verbandschau werden beim ersten Scheren des Winterfelles die Haare an der Rückenpartie häufig etwas länger gelassen. Mit einem Fön und extra starken Haarspray werden diese dann hochgefönt, wodurch ein optisch gerader Rücken entsteht, die sogenannte „Top Line“. Das Stylen bei den Kühen für Schauen nennt sich allgemein „Fitten“. Auch sollte für den Dreh das Euter gefüllt sein. So haben wir Rina und Hilke für einen Tag aus ihren individuellen Ablauf genommen, damit sie nicht kurz vor dem Termin gerade beim Melken waren.
Wie bei jedem Fotoshooting spielten auch die Lichtverhältnisse eine wichtige Rolle. Den Kühen die richtige Pose zu vermitteln, war dann doch noch eine besondere Herausforderung, die das erfahrene Team aber blendend meisterte. Nach dem Videodreh konnten Hilke und Rina gleich wieder in den normalen Ablauf in den kühleren Stall zurück und gingen wieder selbständig ihrer Wege, zum Melken, Fressen, Trinken oder zur Massage – wie alle unsere Kühe.
Text: Birte Teikemeier, Fotos: Dietmar Meier