Seit drei Jahren führen Dirk Esplör als Geschäftsführer und Daniel Grüning als stellvertretender Geschäftsführer die Biologische Station im Kreis Minden-Lübbecke, die ihren Sitz in Nordholz, knapp hinter der Stadtgrenze von Petershagen hat. Weitestgehend vom Land und vom Kreis finanziert, ist die Biostation Auftragnehmer für die Erarbeitung und Umsetzung von Naturschutz-Planungen im Kreisgebiet und damit auch gewichtiger Berater für Verwaltung und Politik. Der Petershäger Anzeiger hat mit beiden Geschäftsführern über ihre Arbeit und aktuelle Problemstellungen gesprochen.
Welche Aufgaben hat die Biologische Station?
Die Biologische Station ist Teil eines landesweiten Netzwerkes von derzeit 39 Biologischen Stationen, die in den meisten Fällen an die Kreise in NRW angedockt sind. Man könnte uns als ausführendes Organ zwischen dem behördlichen Naturschutz und ehrenamtlich tätigen Verbänden wie dem NABU oder dem BUND beschreiben. Schwerpunkte unserer Arbeit bestehen in der wissenschaftlichen Erhebung von Daten aus dem Bereich Natur- und Artenschutz (Flora und Fauna) sowie in der Planung und Umsetzung konkreter Naturschutzmaßnahmen schwerpunktmäßig in den von uns betreuten Schutzgebieten. Das schließt auch die Kommunikation mit landwirtschaftlichen Betrieben ein, die Flächen der öffentlichen Hand bewirtschaften oder sich an Extensivierungsprogrammen wie dem Kreiskulturlandschaftsprogramm beteiligen. Hierbei geht es darum, dass Landwirte durch freiwillige Maßnahmen Lebensräume und Nahrungsflächen schaffen (Randstreifen, Brachflächen, Blühstreifen) sowie Grünland unter Naturschutzgesichtspunkten bewirtschaften. Für die Nutzungseinschränkungen erhalten die Landwirte finanzielle Entschädigungen.
Wer sind Ihre Auftraggeber?
Hauptauftraggeber für die Biologische Station sind der Kreis Minden-Lübbecke und das Land NRW, die auch dafür benötigte Mittel bereitstellen (siehe hinten). Für jedes Jahr schlagen wir einen Arbeits- und Maßnahmenplan vor, der dann mit der Unteren Naturschutzbehörde beim Kreis und der Oberen Naturschutzbehörde bei der Bezirksregierung Detmold abgestimmt wird. Neben der Weseraue betreuen wir auch das Große Torfmoor, die Bastauwiesen, den Bereich der Großen Aue sowie das Naturschutzgebiet Nordholz. Dafür beschäftigt die Biologische Station feste Mitarbeiter mit Ausbildung in den Bereichen Biologie, Landschaftsplanung und Landschaftsökologie. Daneben bieten wir auch Jahr für Jahr Stellen für junge Menschen im Bundesfreiwilligendienst (BFD) und im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) an, um Pflege- und Artenschutzmaßnahmen umzusetzen. Weiterhin betreibt der eigens für diesen Zweck im Jahr 2005 gegründete landwirtschaftliche Betrieb der Biologischen Station Beweidungsprojekte mit Schottischen Hochlandrindern in verschiedenen Schutzgebieten im Kreis Minden-Lübbecke. Mittlerweile pflegt der Betrieb mit seinen 70 bis 80 Weidetieren rund 80 Hektar Naturschutzflächen und bewirtschaftet circa 20 Hektar Extensiv-Wiesen für die Heugewinnung. Das hier gewonnene Futter dient der winterlichen Zufütterung der ganzjährig im Freiland gehaltenen Tiere. Für die Betreuung der Tiere beschäftigt die Biologische Station zwei Landwirte. Darüber hinaus engagiert sich die Biologische Station zunehmend auch im Bereich der Umweltbildung in enger Zusammenarbeit mit Schulen, und bietet Informationen und Exkursionen für Interessenten an.
Welche Art von Daten erheben Sie und wo kann man diese einsehen?
Im Stadtgebiet von Petershagen erfassen wir regelmäßig die Zahlen der Wasservögel innerhalb des Vogelschutzgebietes. Einmal im Monat, in der Brutzeit sogar zweimal, wird in der kompletten Kulisse des Schutzgebietes gezählt. Zielarten sind insbesondere nordische Gänse, Schwäne und Enten, die hier rasten und überwintern. Die Daten münden in Berichte an unsere Auftraggeber, den Kreis, die Bezirksregierung, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) oder auch das Aktionskomitee Weißstörche im Kreis Minden-Lübbecke. Einmal im Jahr verfassen wir den sogenannten Wasservogel-Bericht, dem man dann auch entnehmen kann, wie viele Brutpaare es hier zum Beispiel vom Haubentaucher, der Blässralle oder dem Schwarzhalstaucher gibt. Von der Biologischen Station selbst werden diese Berichte nicht veröffentlicht, Ansprechpartner dafür sind die genannten Institutionen.
Die geplante Ausweisung eines Naturschutzgebietes rund um die Wietersheimer Kiesteiche im Zuge der Festsetzung des Landschaftsplanes Minden hat vor Ort für erhebliche Aufregung und Kritik gesorgt. Jetzt steht auch die Erarbeitung eines Landschaftsplanes für den Gesamtbereich der Stadt Petershagen an. Welche Rolle spielt die Biostation, wenn es um politische Entscheidungen und Verwaltungshandeln im Bereich Naturschutz geht?
Das Thema Naturschutz führt zwangsläufig zu Interessenskonflikten. Gerade für die Weserlandschaft gibt es verschiedenste Nutzungsansprüche, die oft nur schwer in Einklang zu bringen sind. Das fängt bei der Landwirtschaft an, geht über die Themen Naherholung, Tourismus, Wassersport und damit die Stadtentwicklung, über die Windkraftnutzung bis hin zur Jagd und Fischerei und selbst den Hochwasserschutz. Die Biologische Station sieht ihre Aufgabe allein darin, den Input für Entscheidungsprozesse aus Sicht des Natur- und Artenschutzes zu liefern, also Daten einzubringen, Auswirkungen von Maßnahmen abzuschätzen und auf Entwicklungen hinzuweisen. Eine Abwägung zwischen verschiedenen Belangen ist nicht unsere Aufgabe. Hier sind Politik und Verwaltung in der Verantwortung. Gleichwohl ist es uns ein Anliegen, bei unserer Arbeit mit anderen Interessensgruppen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Auf der Arbeitsebene läuft das auch sehr ordentlich. So pflegen wir beispielsweise einen sehr guten Dialog mit der Jägerschaft oder arbeiten auch mit dem Schlüsselburger Angelverein seit Jahren vertrauensvoll zusammen. Wir sehen auch, dass Landwirte ihren Lebensunterhalt mit der Landwirtschaft verdienen müssen. Mit den Bewirtschaftern der im öffentlichen Eigentum stehenden Flächen an der Weser besteht teilweise schon über Jahrzehnte eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit. Im Naturschutz und so auch bei uns gibt es durchaus die Entwicklung, dass manche Nutzer früher kritischer gesehen wurden und man sich heute mehr als Partner versteht. Was die Landschaftsplanung anbelangt, sehen wir auch in Bezug auf die Belange des Vogelschutzgebietes Handlungsbedarf. Da ist manches überholungsbedürftig. Es ist wichtig zu wissen, dass bezüglich des Zustandes des Gebietes — Lebensräume, Nahrungsflächen, Brutbereiche — ein Verschlechterungsverbot gilt. In einem Gesamtkonzept stellen wir uns idealerweise eine Abgrenzung von drei Zonen vor — Kernzonen, Übergangsbereiche und Randbereiche -, in denen unterschiedliche Regeln gelten. Dabei sollte unbedingt der Eindruck vermieden werden: „Jetzt kommen wieder die Naturschützer und stülpen uns etwas über.“ Das ist in Wietersheim vielleicht nicht optimal gelaufen.
Finanzierung der Biologischen StationNach Rückfrage bei der Bezirksregierung Detmold und dem Kreis Minden-Lübbecke wird die Biologische Station jährlich mit circa 370.000 Euro gefördert. Die Mittel werden vor allem für Personalkosten und Sachkosten des laufenden Betriebes eingesetzt. Daneben bezieht die Biostation weitere Fördermittel aus anderen Töpfen, unter anderem als landwirtschaftlicher Betrieb auch Agrarsubventionen aus dem EU-Agrarfonds. (ddm)