Petershagen (sk). Bereits seit seinem 14. Lebensjahr beschäftigte Wolfgang Battermann das Thema Antisemitismus und ließ ihn fortan nicht mehr los. Am 6. Juli wurde dem Petershäger im Kreishaus in Minden das Bundesverdienstkreuz des Bundesverdienstordens am Bande für sein jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement im Bereich der Erinnerungs- und Gedenkkultur verliehen.
Im Jahr 1961 begann sein Lebenswerk gegen Antisemitismus, als er den Eichmann-Prozess in Jerusalem am Fernseher verfolgte. Das Entsetzen über das grausamste Verbrechen der Menschheit und die Frage, wieso so etwas passieren konnte, ließen den heute 75-Jährigen nicht mehr los und so begleitete ihn das Thema sein Leben lang – als Schüler, Student, Teil der 68er-Generation, Gymnasial-Lehrer und auch als Privatperson. Auch nach 60 Jahren ehrenamtlichen Engagements gegen Antisemitismus setzt er sich weiterhin dafür ein, denn so etwas dürfe nie wieder passieren, erklärt Wolfgang Battermann. Neben dem Einsatz auf diesem Gebiet ist dem gebürtigen Mindener die Lokalgeschichte sehr wichtig und so nahm er sich 1978 des Erhalts der Alten Synagoge in Petershagen an. Im Jahr 1999 gründete er mit anderen die Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge e.V., kurz darauf folgte die Gründung des Trägerkreises ehemalige Synagoge. Zusammen mit vielen Helfern und Unterstützern konnten 2001 die Sanierung abgeschlossen, 2008 die benachbarte jüdische Schule erworben und gemeinsam mit der damals neu entdeckten Mikwe (jüdisches Tauchbad) restauriert werden. Im Jahr 2012 wurde die Einweihung des in ganz Norddeutschland einzigartigen jüdischen Ensembles gefeiert. Seit diesem Jahr trafen sich auch die „Child Survivors“ – überlebende Kinder der Shoah – bis zum Pandemiebeginn zweimal jährlich in Petershagen. Im Rahmen der Erinnerungs- und Gedenkkultur erarbeitete der pensionierte Lehrer in Teamarbeit eine Bronzetafel in der Synagoge mit den Namen der 63 ermordeten Juden aus Petershagen und etablierte 2002 die Initiative „Stolpersteine“, die ab 2009 mit insgesamt 36 dieser Erinnerungssteine in Petershagen umgesetzt wurde. Wolfgang Battermann war außerdem bei Gründungen in verschiedenen Bereichen involviert: so unter anderem Anfang der 80er Jahre beim Aufbau des LWL-Industriemuseums Glashütte Gernheim, 1986 bei der Gründung der Ortsgruppe des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), 2002 als Mitbegründer des Arbeitskreises Antisemitismus in Minden sowie 2010 des Vereins der Ortsheimatpflege in Petershagen zusammen mit Uwe Jacobsen.
Bereits im Dezember 2020 erfuhr Wolfgang Battermann von der Landrätin des Kreises Minden-Lübbecke Anna Katharina Bölling von seiner Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz des Bundesverdienstordens am Bande für sein jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement im Bereich der Erinnerungs- und Gedenkkultur. Erst ein halbes Jahr später konnte aufgrund der Pandemie am 6. Juli die feierliche Übergabe der besonderen Auszeichnung erfolgen. Bei der zeremoniellen Feier, die von Musik und Gesang begleitet wurde, ehrten neben der Landrätin wichtige Wegbegleiter Battermanns seinen Einsatz in ihren Reden. Mit Dankesworten richtete sich Wolfgang Battermann an alle Beteiligten – vor allem an Hans Ulrich Gräf, der ihn für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen hat. „Allein kann man das gar nicht schaffen. Das ist das Resultat einer Arbeit, die viele Mütter und Väter hat. Ich habe viele Gleichgesinnte, auch wenn ich die Ehrung allein erhalten habe“, stellt Wolfgang Battermann klar. Das Bundesverdienstkreuz ist jedoch nicht die erste Auszeichnung des Petershägers: 2012 erhielt er bereits den „Obermayer German Jewish History Award“ als Anerkennung der geleisteten Arbeit in der Erinnerungs- und Gedenkkultur sowie die Auszeichnung des Landes NRW „Germany at its best“ für die Rettung eines deutschlandweit einmaligen Erinnerungs- und Lernortes, den das jüdische Ensemble in Petershagen darstellt. 2014 folgte außerdem die Auszeichnung der „Obermayer Insignien“ in Form des „O“ Ehrenzeichens.
Für die Zukunft hat Wolfgang Battermann zwei Wünsche, die ihm sehr am Herzen liegen: Ein großes Anliegen ist ihm die Rückbenennung der Goebenstraße in Synagogenstraße, wie die kleine Straße im Ortskern von Petershagen bis zur Nazi-Zeit ursprünglich hieß und so einen Hinweis auf das dort anliegende jüdische Bauwerk gab. Des Weiteren ist ihm der Erhalt des geschichtsträchtigen Ensembles von Synogoge, jüdischer Schule und Mikwe sehr wichtig.