Sonntag, 28. April 2024

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Bewegung bei den „Roten Flächen“

Das Thema Nitrat im Grundwasser sorgt seit Jahren für kontroverse Diskussionen zwischen Politik, Landwirtschaft und Umweltverbänden.
Abbildung: Die roten Flächen zwischen der südlichen Stadtgrenze und Wulfhagen, darin numeriert die Brunnen der Wasserwerke Wietersheim und Gorspen-Vahlsen. Foto: Dietmar Meier

Petershagen (ddm). Das Thema Nitrat im Grundwasser sorgt seit Jahren für kontroverse Diskussionen zwischen Politik, Landwirtschaft und Umweltverbänden. Dabei geht es um die Auswirkungen der Düngung landwirtschaftlicher Flächen auf die Beschaffenheit des Grundwassers. Unter anderem schreibt die Landesdüngeverordnung vor, dass in Bereichen, in denen im Grundwasser ein Nitrat-Gehalt von mehr als 50 mg/Liter gemessen wird („Rote Gebiete“), der Einsatz von Dünger um 20 Prozent unter den Bedarf vermindert werden muß, den die Pflanzen auf den betreffenden Flächen zum normalen Wachstum benötigen. So weit, so verständlich. Die Problematik steckt allerdings in der Methodik, mit der Politik und Verwaltung bislang „Rote Gebiete“ festlegen. Geradezu ein Paradebeispiel für eine Verfahrensweise, bei der ein Naturwissenschaftler nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen kann, hat der Petershäger Anzeiger schon 2021 in einem Beitrag aus unserem Stadtgebiet dokumentiert. So sind die Flächen rund um die Trinkwasserbrunnen des Wasserwerks Wietersheim amtlich als „Rote Gebiete“ ausgewiesen, obwohl die Nitratgehalte bei allen ständig überwachten Brunnen klar unterhalb des Schwellenwertes liegen (siehe Karte). Verantwortlich dafür: ein einzelner zu hoher Nitratwert an einer Messstelle am Ortsrand von Quetzer Timpen, den das zuständige Landesamt (LANUV) als repräsentativ für das gesamte Gebiet zwischen Wulfhagen und Wietersheim eingestuft hat – wider der Daten aus den Trinkwasserbrunnen, die in die Beurteilung bewusst nicht eingeflossen sind. Angesichts solcher Ungereimtheiten hatten sich heimische Landwirte 2021 zur „Interessengemeinschaft Gerechte Messstellen” zusammengeschlossen. Insbesondere der Vorsitzende der IG, FDP-Ratsmitglied Heiner Müller (Foto) aus Gorspen-Vahlsen, befasst sich seitdem intensiv mit der Qualität von Messstellen, die maßgeblich zur Ausweisung „Roter Gebiete“ beigetragen haben — und dokumentiert auch über den Kreis Minden-Lübbecke hinaus immer wieder Unzulänglichkeiten, nicht immer zur Freude der zuständigen Verwaltung. Offensichtlich trägt die investierte Arbeit langsam Früchte. Berichtet haben wir bereits über eine in enger Absprache mit Müller erfolgte Initiative des heimischen FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, aufgrund derer finanzielle Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Überprüfung der Messstellenproblematik bereitgestellt worden sind. Jetzt hat das LANUV unsere Stadtwerke darüber informiert, dass man künftig auch auf Daten von Trinkwasserbrunnen zurückgreifen will. Und das LANUV hat auch mitgeteilt, dass die am nördlichen Ortsausgang von Ovenstädt gelegene Grundwasser-Messstelle, deren Eignung von der IG kritisch gesehen wird, weiter nach Westen verlegt wird. Dass der IG-Vorsitzende jetzt auch eine Einladung aus dem Landtag erhalten hat, als Sachverständiger bei einer Anhörung des Umweltausschusses teilzunehmen, ist eine bemerkenswerte Entwicklung. Weitere Infos unter www.gerechte-messstellen.de.

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