Petershagen. „Es ist schwer, überhaupt noch jemanden zu finden, der sich für eine berufliche Tätigkeit im Handwerk interessiert“, berichtet Alexander Kühl, Inhaber der Firma Kurt Henning in Petershagen. In dem Fachbetrieb für Heizung, Sanitär und Bad absolviert derzeit nur ein Auszubildender seine Ausbildung. „Ich würde gern noch einen weiteren Azubi annehmen, aber ich finde keinen geeigneten“, sieht Kühl kaum noch Interesse an einer Ausbildung in handwerklichen Berufen.
Diese Situation kennt Stephan Gräper, Geschäftsführer von Gräper Bau, auch: „Früher hatten wir fast jedes Jahr drei Auszubildende. Heute haben wir etwa alle drei Jahre einen Azubi.“ Derzeit ist ein Auszubildender bei ihm angestellt, der zuvor bereits ein Jahr praktische Erfahrungen in der Firma gesammelt hatte. Gräper sieht das Problem, dass die klassischen Schulen für die Handwerksberufe schließen und das Image des Handwerkers sich negativ entwickelt hat: „Die Berufe sind scheinbar für junge Leute heute nicht mehr interessant.“
Marcus Brunschier, Inhaber von Kuhlmann Elektro, ist ebenso vom Nachwuchsmangel betroffen: Seinen letzten Lehrling musste er schon in der Probezeit wieder entlassen. „Aktuell habe ich gerade mal einen Bewerber. Wenn es passt, kann er sofort anfangen“, berichtet er. „Man muss schon fast nehmen, wer kommt, um überhaupt neue Mitarbeiter zu bekommen.“ Dabei sind die Chancen nicht schlecht, bisher hat Brunschier jeden seiner Lehrlinge übernommen.
Als Anlagenmechaniker sind handwerkliches Geschick und technisches Verständnis gefragt, ein Hauptschulabschluss wird für die Ausbildung vorausgesetzt. Und schon hier sieht Alexander Kühl ein gesellschaftliches Problem: „Die Kinder werden heute von den Eltern dahin getrimmt, dass ein Schulabschluss unterhalb des Gymnasiums nicht mehr akzeptabel ist.“ Abitur und Studium steht für die meisten Eltern an erster Stelle der Wunschliste. „Zudem nehmen Eltern den Kindern viel zu viele Aufgaben ab,“ erkennen die Handwerksbetriebe eine zunehmende Unselbstständigkeit der Schüler.
Bewerbungsgespräche werden so manches Mal schon fast nur mit einem Elternteil geführt, während der eigentliche Bewerber still daneben saß. Der entstandene Eindruck: In Zeiten der Kommunikation mit dem Smartphone scheint es für sich Bewerbende schon fast eine Herausforderung zu sein, ein persönliches Gespräch zu führen.
Die Ausbildung als Anlagenmechaniker dauert dreieinhalb Jahre und anschließend stehen weitreichende Spezialisierungsmöglichkeiten offen. Neben dem fachlichen Wissen um anspruchsvolle Technik gehört bei den Sanitär-Profis auch die professionelle Kommunikation mit Kunden zum Job. Sie müssen kompetent beraten und auch erklären können, beispielsweise warum die Heizung nicht richtig funktioniert hat und welche Reparaturen sie vorgenommen haben.
„Während der Altersdurchschnitt steigt, nimmt die Leistungsfähigkeit ab“, erkennt Stephan Gräper den Wandel der Zeit. „Ohne den Nachwuchs stehen wir bald vor großen Problemen. Für die jungen Leute sind Jobs in der Industrie lukrativer. Das Handwerk hat das Nachsehen.“
Gerne möchte Alexander Kühl offene Stellen mit Anlagenmechanikern besetzen, die im Betrieb bereits ihre Ausbildung absolviert haben. Doch der Nachwuchs fehlt einfach.
Dabei gelten Berufe im Handwerk als zukunftssicher. Und auch die Weiterbildungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten sind mit der Meisterschule vielfältig. „Man verdient als Handwerker heute auch nicht schlecht“, so Marcus Brunschier. Doch er sieht, dass heute alle lieber am Computer im Büro arbeiten möchten: „Es will sich einfach keiner mehr dreckig machen.“
Kuhlmann Elektro ist mit großen Aufträgen für dieses Jahr bereits ausgebucht. Nur kleine Reparaturen sind noch mit kurzen Wartezeiten von einigen Tagen möglich, wie Brunschier betont. „Wenn es aber so weiter geht, wird man bald drei bis vier Wochen auf eine Reparatur warten müssen.“
„Wenn es die Zahl der fähigen Monteure weiter abnimmt, wird es keine zehn Jahre mehr dauern, bis die ersten Kunden feststellen, dass sie sich eine Reparatur kaum noch leisten können“, prophezeit Alexander Kühl. „Die guten Monteure in den Betrieben werden sich ihre Arbeit teuer bezahlen lassen. Es muss ein Umdenken in der Gesellschaft zu mehr Wertschätzung des Handwerks erfolgen, denn Handwerk macht Spaß!“
Text: Krischi Meier, Foto: industrieblick – stock.adobe.com