Freitag, 26. April 2024

Anzeige

Münchehagen-Vertrag für die Stadt Petershagen vom Tisch

Er hat für reichlich Gesprächsstoff gesorgt, der Plan der Stadt Rehburg-Loccum, den noch bis 2026 laufenden Vertrag mit dem Land Niedersachsen zur Überwachung der Sonderabfalldeponie Münchehagen zusammen mit der Stadt Petershagen und der Samtgemeinde Niedernwöhren vorab um gleich 30 Jahre zu verlängern.

Foto: Dietmar Meier

Münchehagen (ddm). Er hat für reichlich Gesprächsstoff gesorgt, der Plan der Stadt Rehburg-Loccum, den noch bis 2026 laufenden Vertrag mit dem Land Niedersachsen zur Überwachung der Sonderabfalldeponie Münchehagen zusammen mit der Stadt Petershagen und der Samtgemeinde Niedernwöhren vorab um gleich 30 Jahre zu verlängern. Und das noch kurzfristig vor der Landtagswahl im Oktober in Niedersachsen.
Öffentlich bekannt geworden war dieser Plan überhaupt erst, nachdem der Rat der Stadt Rehburg-Loccum bereits mehrheitlich für die Unterzeichnung des Vertrages gestimmt hatte. Übergangen worden waren dabei offensichtlich die örtlichen Bürgerinitiativen „Stoppt den Giftmüll – Wir wehren uns“ und „Umweltgruppe Wiedensahl“, die die skandalösen Zustände rund um die Deponie in den 1980er Jahren überhaupt erst ans Licht gebracht hatten.
Nach ersten Berichten in der Presse befaßte sich auch Jörg Hilbert, im Umgang mit gefährlichen Giftstoffen erfahrener Fernsehjournalist vom NDR, mit der Vertragsangelegenheit und brachte das Thema mit einem Beitrag in der Sendung Panorama3 vollends in die Öffentlichkeit.
Dass der amtierende Umweltminister nicht Urheber des Vertragsentwurfes war, wurde offenkundig, als Die Harke am 9. August titelte, dass der Vertrag laut Umweltministerium nicht unterschriftsreif sei und Minister Lies diesbezüglich Redebedarf sehe. Spätestens danach richteten sich die Augen auf die Bewertungskommission mit ihrem Vorsitzenden Meinfred Striegnitz.
In der Stadt Petershagen war parallel dazu mit intensiven Beratungen von Politik, Verwaltung und Bürgerinitiative begonnen worden. Den (zumindest vorläufigen) Schlusspunkt dazu setzte Petershagens Bürgermeister Dirk Breves nach der Sitzung des interfraktionellen Kreises am 15. August. Als sich in diesem Gremium zeigte, dass die in Rehburg-Loccum verabschiedete vorzeitige Vertragsverlängerung in allen Fraktionen des Petershäger Stadtrates kritisch gesehen wird und nicht mehrheitsfähig ist, strich Breves den Tagesordnungspunkt von den Sitzungen des Planungs- und Umweltausschusses sowie der folgenden Ratssitzung, womit der Vertragsentwurf praktisch zu den Akten gelegt wurde.

Anzeige

Kommentar von Dr. Dietmar Meier
Auch wenn man unterstellt, dass Rehburg-Loccums Bürgermeister Martin Franke persönlich von der Richtigkeit einer Vertragsverlängerung überzeugt war: mit der Idee, eine Angelegenheit von solcher Tragweite „auf die Schnelle“ noch vor der Landtagswahl durch die politischen Gremien zu bringen, hat er sich nicht unbedingt einen Gefallen getan. Insbesondere nicht, wenn man einen Blick auf die Gründe wirft, die dafür angeführt wurden. Da war zum einen die Annahme, dass der Rückbau der Deponie technisch heute noch gar nicht realisierbar wäre. Zum andern das Argument, man solle die Zeit nutzen, solange der amtierende Umweltminister, der wirkliches Interesse an der Giftmüllproblematik in Münchehagen zeige, noch im Amt sei — nach dem Motto: wer weiß, wer nach der Wahl am Ruder ist.
Da muss es schon als Ansage besonderer Art erscheinen, wenn ausgerechnet der in dieser Weise mit Sympathiepunkten bedachte Umweltminister vor laufender Fernsehkamera erklärt, dass die technische Machbarkeit einer Sanierung nicht das Problem darstelle. Und was wäre eigentlich, wenn sich ein künftiger, dann vielleicht grüner Umweltminister die Beseitigung der gefährlichen Abfälle auf die Fahne schreiben würde, anstatt die Überwachung der Deponie weiter als „Ewigkeitsaufgabe“ fortzuschreiben?
Eines hat der Vorgang allerdings bewirkt: die in den letzten Jahren im Hintergrund vor sich hindümpelnde Angelegenheit SAD Münchehagen ist wieder vollends ins Blickfeld geraten. Angesichts des laufenden Vertrages besteht bis 2026 zwar kein unbedingter Handlungsbedarf. Allerdings könnte eine Machbarkeitsstudie in der Zwischenzeit aufzeigen, wie es realistisch um die technischen Möglichkeiten wie auch um die Risiken einer Rückholung des Sondermülls aus der Deponie steht. Dann gäbe es 2026 sicher fundiertere Entscheidungskriterien als heute. Bessere jedenfalls, als jetzt aus einem Bauchgefühl ein „Weiter so für die nächsten 30 Jahre“ festzuschreiben.

Das könnte Sie auch interessieren