Petershagen. Die Szene wirkt, als hätte ein Riese mit Baumstämmen Mikado gespielt. Zusammen mit Achim Büscher, dem zuständigen Forstbeamten des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, befinden wir uns in dem Bereich des Heisterholzer Waldes, der am stärksten vom Sturmtief „Friederike” in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Auf einer beträchtlichen Fläche hat der Sturm hier nahezu alle Fichten umgelegt. Besonders ins Auge fallen die „hochgeklappten” Wurzelteller, die überall als flache Scheiben in die Luft ragen.
„Friederike hat im Heisterholzer Forst größeren Schaden verursacht als der Orkan Kyrill im Januar 2007”, berichtet der Förster. Etwa 2500 Festmeter Holz hat das Sturmtief in Heisterholz insgesamt umgeworfen, davon ca. 1500 auf zusammenhängenden Flächen und ca. 1000 Festmeter durch Einzelwindwurf verteilt im gesamten Waldgebiet, hat das Forstamt ermittelt.
Mehr Schaden als bei Kyrill
Das generelle Betretungsverbot, das die Forstbehörde auch in Heisterholz unmittelbar nach dem Sturm verhängt hatte, ist zwar aufgehoben worden, aber die am meisten in Mitleidenschaft gezogenen Teilbereiche werden noch auf längere Zeit gesperrt bleiben. Flatterband und Schilder weisen auf den betroffenen Wegen auf die Gefahrensituation hin. Achim Büscher appelliert hier an den gesunden Menschenverstand: „Spaziergänger sollten auch außerhalb der gesperrten Bereiche die Wege tunlichst nicht verlassen!” Zwar haben die Forstbeamten sämtliche Wege abgefahren und erkennbare Gefahrenpunkte beseitigt, aber: „Es gibt immer wieder Einzelbäume, deren Gefahrenpotential nicht gleich zu erkennen ist. Manche Risse in den Bäumen wirken sich erst später aus. Wir können nicht alles mit Zäunen umgeben.”
Bis das umgestürzte Holz abtransportiert ist, wird es noch einige Zeit dauern. Schuld daran ist der viele Regen der letzten Monate in Verbindung mit der stauenden Wirkung des Untergrunds aus Tongesteinen, die im Heisterholz schon nahe der Oberfläche anstehen. Die schweren Maschinen, die das Forstamt einsetzt, können sich derzeit auf dem nassen Waldboden nicht bewegen, ohne diesen tiefgründig aufzuwühlen. Achim Büscher geht davon aus, dass die Aufarbeitung erst im August erfolgen kann, wenn sich der Grundwasserspiegel deutlich gesenkt hat. Zudem wird im Frühjahr mit einer Sättigung des Fichtenbauholzmarktes gerechnet, so dass ein Absatz des Holzes erst im Spätsommer möglich ist.
Wie wenig die umgestürzten Bäume im Boden verankert waren, zeigt sich an den aufgestellten Wurzeltellern. Die Bodenschicht, in der die Fichten im Heisterholzer Wald aufgrund der Beschaffenheit des Untergrundes wurzeln, ist meist nur wenige Dezimeter dick (Forstleute sprechen hierbei von Brettwurzeln). Achim Büscher geht aus diesem Grund davon aus, dass sich alle kompakten Fichtenbestände in Heisterholz aufgrund ihrer Windanfälligkeit nach und nach auflösen werden: „Die Fichte ist an diesem Standort fehl am Platze.”
Gepflanzt wurden die Fichtenbestände in der Nachkriegszeit vor allem aus Kostengründen, weil das entsprechende Saatgut damals vergleichsweise einfach und kostengünstig zu gewinnen war. Aus Mischbeständen von Kiefern und Fichten hat das Forstamt die Fichten in den vergangenen Jahren schon verstärkt rausgenommen: „Die kippen sowieso irgendwann.” Die Wiederaufforstung wird zu gegebener Zeit mit standortgerechteren Laubhölzern (Eichen, Erlen) erfolgen, die Anker oder Pfahlwurzeln ausbilden. Bei ausreichender Sandauflage auf dem Tonstein kommen auch Kiefern in Frage.
Aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet bedeutet ein Sturm wie „Friederike” für die Forstwirtschaft in der Regel mehr oder minder große Verluste, bedingt durch den höheren Anfall minderwertiger Produkte. So fallen die jetzt umgestürzten Fichten bereits nach gut der Hälfte der angedachten Lebensdauer von etwa 100 Jahren bei deutlich geringerer Stärke aus der Produktion heraus. Dazu kommen immer auch gespaltene oder gesplitterte Bäume.
Von Vorteil ist es, wenn umgestürzte Stämme über die Wurzelteller noch mit einer gewissen Menge Wasser versorgt werden. Schnell trocknendes Bruchholz ist ein bevorzugtes Ziel für Borkenkäfer. Frische Stämme dagegen werden nicht so schnell befallen und können damit auch im Sommer noch aufgearbeitet und der Industrie ohne Qualitätsverlust zugeführt werden.
Text: Dietmar Meier, Fotos: Krischi Meier (2), Dietmar Meier (1)