Dienstag, 23. April 2024

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Vom Industrie- und Gewerbegebiet zum „Gewerbestandort“

Lahde. Es sind mittlerweile  40 Jahre ins Land gegangen, seitdem der Bebauungsplan Nr. 2 für das Lahder Gewerbe- und Industriegebiet rechtskräftig erlassen wurde. Blickt man auf die ursprünglichen Intentionen von 1977 zurück und betrachtet die tatsächliche Entwicklung, so ist die Zeit nach Auffassung von Politik und Verwaltung reif für eine umfassende Überarbeitung, die den Gegebenheiten von heute und geänderten Verwaltungsvorschriften Rechnung trägt. In seiner Sitzung im vergangenen Dezember  hat der Stadtrat dazu den entsprechenden Beschluss gefasst und die Neufassung auf den Verwaltungsweg gebracht.

Ein Planungsbüro hat daraufhin im ersten Halbjahr 2017 einen Vorentwurf erarbeitet, der im Juni im Fachausschuss vorgestellt und im Juli vom Stadtrat beschlossen wurde. Vorgesehen ist darin auch, den zuständigen Trägern öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit frühzeitig die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben.

Die vorgesehene Neufassung des Bebauungsplanes hat erhebliche Auswirkungen, möchte die Stadt Petershagen die Bauleitplanung doch dahingehend ändern, dass die Festsetzung „Industriegebiet“ für das bisherige Gewerbe- und Industriegebiet aufgegeben wird.

Hintergrund: Das Plangebiet ist derzeit von Gewerbebetrieben geprägt und wird daher der eigentlich beabsichtigten Funktion als Industriegebiet aus Sicht der Stadt nicht gerecht. Aktuelle Karten zeigen, dass Industriebetriebe im Planungsgebiet weniger als ein Viertel der genutzten Fläche  in Anspruch nehmen. 

„Das städtebauliche Ziel des Bebauungsplans Nr. 2A ist die Schaffung von Wirtschaftsflächen im Sinne eines Gewerbegebietes, die im Zusammenhang mit dem angrenzenden Siedlungsraum konfliktfrei entwickelt werden können“, heißt es in der Begründung der Stadt. Damit verbindet sich die Absicht,  das  Plangebiet „Gewerbestandort Lahde“ vornehmlich für  klassische emissionsarme Gewerbebetriebe zu sichern. Zusammen mit dem Beschluss zur Änderung des Bebauungsplanes hatte der Stadtrat im Dezember 2016 eine Veränderungssperre erlassen, die Baumaßnahmen bis zum Inkraftreten des neuen Bebauungsplanes untersagt.


„Bestehende Betriebe erfahren durch die zukünftige Festsetzung eines Gewerbegebietes aufgrund ihrer heute bestehenden Genehmigung keinen Nachteil“, heißt es im Vorentwurf — in der praktischen Umsetzung dieser Vorgabe steckt offensichtlich eine Herausforderung. So hat die Firma Heitmann, die auf ihrem Betriebsgrundstück „An der Wandlung“ eine immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlage zur Behandlung mineralischer Abfälle betreibt, kürzlich in einem Schreiben an die Stadt auf einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden infolge der bestehenden Veränderungssperre hingewiesen, die es unmöglich mache, wirtschaftlich erforderliche Reaktionen im Wettbewerb mit anderen Unternehmen der Baustoffwirtschaft genehmigungsrechtlich abzusichern. „Zur Behauptung im Wettbewerb benötigen wir bauplanungsrechtlich Flexibilität“, so Frank Heitmann.


Besonders betroffen von der Veränderungssperre ist die geplante Errichtung einer Anlage zur Aufbereitung von Gleisschotter durch die Firma Ahrens. Derzeit ruht das Verfahren. Seit dem vergangenen Jahr sorgt dieses Vorhaben für heftige Diskussionen. Ende Juni hat das Unternehmen wegen der Veränderungssperre einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht Münster eingereicht. Vor diesem Hintergrund hat der „Petershäger Anzeiger“ Ahrens-Geschäftsführer Karsten Klein nach seiner Sicht der aktuellen Situation gefragt. In dem Gespräch bekräftigte der Geschäftsführer die Position des Unternehmens, das das Gelände an der Dingbreite nach wie vor als geeigneten Standort für die geplante Anlage betrachtet. Enttäuscht zeigte sich Klein vom Vorgehen der Stadt und insbesondere von der Kehrtwende des Bürgermeisters im Rahmen der Bürgerversammlung im November 2016. Gleichzeitig betonte der Ahrens-Geschäftsführer seine Bereitschaft, weiterhin für einen konstruktiven Dialog zur Verfügung zu stehen, auch gegenüber Vertretern der Bürgerinitiative. In puncto Kommunikation sah Klein auch eigene Versäumnisse: „Wir haben das öffentliche Interesse an dem Thema anfangs schlicht unterschätzt, sonst hätten wir viel eher auf umfassende Information gesetzt.“

Text: Dr. Dietmar Meier, Foto: Krischi Meier

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