Freitag, 19. April 2024

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Weserschwimmen – wenn sich ein Konflikt zuspitzt

Der seit Jahren schwelende Konflikt um das Schwimmen in dem im Naturschutzgebiet gelegenen Weserabschnitt zwischen Petershagen und Windheim ist auf eine neue, eine juristische Ebene gelangt.
Weserschwimmen 2017: Schwimmer in der Weser (mit roten Pfeilen gekennzeichnet) sollen nach Auffassung mancher Naturschützer nachhaltige Störungen der Vogelwelt verursachen. Weiß umrandet: Hinweisschild auf den Beginn der Wasserski-Strecke. Foto: Krischi Meier

Petershagen (ddm). Der seit Jahren schwelende Konflikt um das Schwimmen in dem im Naturschutzgebiet gelegenen Weserabschnitt zwischen Petershagen und Windheim ist auf eine neue, eine juristische Ebene gelangt, die inzwischen neben Bußgeldverfahren auch ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einschließt. Das Besondere dabei: Die Untere Naturschutzbehörde (UNB) stützt sich in ihrer Beweisführung gegen Akteure des diesjährigen Weserschwimmens allein auf Berichte des Mindener Tageblattes. Schreiben der Verwaltung, aus denen dieser Sachverhalt hervorgeht, liegen dem Petershäger Anzeiger vor.
Besonders im Fokus steht Rudi Blome aus Neuenknick, den die UNB basierend auf der Darstellung im MT als Organisator des Weserschwimmens sieht und deswegen gegen ihn ein zweifaches Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro und 550 Euro verhängt hat.
Zudem wurden gegen die rechtlichen Vertreter des Kanu-Club Petershagen und des WSC Aqua Fun mit Bezug auf die Vereinsteilnahme an einer untersagten Veranstaltung Bußgeldverfahren eingeleitet. Als Reaktion haben sich Betroffene zusammengeschlossen und einen Fachanwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt.
Im Rahmen der Recherchen zu diesem Beitrag hat der Petershäger Anzeiger auch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser (WSA) um Informationen gebeten. Hier Auszüge aus dem Schreiben des WSA:
„Die Zuständigkeit zum Beurteilen des Befahrens des Wehrarmes obliegt dem WSA Weser. … Die einzige Einschränkungsmöglichkeit besteht in Naturschutzgebieten oder Nationalparks. Hier ist allerdings die Landesbehörde nicht befugt, Befahrensvorschriften zu erlassen, auch wenn sie dies aus Gründen des Naturschutzes für erforderlich hält. Hier müsste im Zweifel das BMDV eine Rechtsverordnung unter Abwägung der Schifffahrts- und Naturschutzbelange erlassen. Eine solche Verordnung liegt hier nicht vor. Vielmehr ist in diesem Bereich beispielsweise sogar eine Wasserskistrecke ausgewiesen.
Das Schwimmen ist dem Gemeingebrauch zuzuordnen und obliegt dem Wasserhaushaltsgesetz i. V.m. mit dem Landeswassergesetz. Dies liegt nicht in der Zuständigkeit der WSV. … Aus Sicht der WSV gab es keine Belange, die diesem Schwimmen entgegen stehen.“

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Kommentar von Dr. Dietmar Meier

Unterhält man sich mit Rudi Blome als „Hauptangeklagten“ und mit Martina Vortherms als Leiterin des Umweltamtes des Kreises Minden-Lübbecke, fällt es nicht schwer, Sympathie für Argumente beider Seiten zu entwickeln. Dass Menschen Zeichen setzen wollen für den Erhalt der Umwelt, in diesem Fall gegen die Versalzung der Weser, ist erstmal nichts Verwerfliches. Und wenn Martina Vortherms auf der anderen Seite formuliert: „Wenn wir hier schon ein Vogelschutzgebiet von internationaler Bedeutung haben, sollten wir es auch schützen“, macht das ebenso Sinn.
Wie also mit dem Konflikt umgehen? Begibt man sich auf die juristische Ebene, stößt man schon bei der juristischen Unterscheidung zwischen Versammlung, Veranstaltung und Demonstration als Nicht-Jurist schnell an Verständnisgrenzen. Insofern darf man gespannt sein, ob Rudi Blome im juristischen Sinne überhaupt als Veranstalter oder Organisator bezeichnet werden darf. Und was, wenn nicht? Das kürzlich beschiedene Verfahren anlässlich der Montagsdemo beim Haus der damaligen Landrätin lässt grüßen.
Denkbar wäre auch eine ganz andere Methode, die allerdings heutzutage immer weniger Zuspruch findet: Der Einsatz des gesunden Menschenverstandes. Da gäbe es allerdings auch für den Naturschutz noch Luft nach oben. Etwa, wenn die Solarfähre zwischen Windheim und Hävern zwar 20.000 Menschen im Jahr über die Weser befördert, Kanuten gemäß einer älteren Verfügung der UNB aber an der Fährstelle nicht aus ihren Booten steigen dürfen.
Noch ein Satz aus dem Gespräch mit der Leiterin des Umweltamtes ist hängen geblieben: „Schauen Sie nicht zu sehr zurück, sondern besser nach vorn.“ Die anstehende Überarbeitung der in Kürze auslaufenden Schutzgebietsverordnungen in der Weseraue wäre eine gute Gelegenheit zu zeigen, dass es auch konstruktiv miteinander geht, auch wenn Belange der Stadt Petershagen berührt werden – der erste Petershäger Wesertag 2019 war ein gutes Beispiel dafür.

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