Petershagen. Wir Petershäger versorgen unsere Grundbedürfnisse bequem im Supermarkt. Brot, Eier, Wurst und Käse landen im Einkaufskorb und schließlich im Magen. Massentierhaltung in endlosen Stallungen, geballter Getreideanbau und hübsch polierte Äpfel im Laden gehören zu unserem Alltag. Das war nicht immer so. Auf unserer Zeitreise in die Vergangenheit haben wir ein echtes „Original“ aus unserer Mitte getroffen: Wilhelm Schäkel wurde jüngst auf der Versammlung des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes mit dem goldenen Meisterbrief geehrt. Vor 50 Jahren beendete er seine Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister. Zusammen mit ihm schwelgen wir in Erinnerungen an früher. „Seit 150 Generationen, also seit unglaublichen 5000 Jahren, gibt es die Landwirtschaft. Die Menschen haben geliebt, gelebt und gelitten“, beginnt Wilhelm Schäkel seine Zeitreise. Der rüstige Pensionär wohnt mit seiner Frau Margrete mitten in Petershagen. Seine Eltern haben in Maaslingen und Ovenstädt Boden fruchtbar gemacht. Das Pflügen wurde mit Hilfe von Pferde- oder aber auch Hundegespannen bestellt. „Den ersten Traktor hier in der Gegend hatte der Hof Rehling vor dem 2. Weltkrieg. Der erste Deutz kam 1950 zu den Wulfmeyers. Da hatten wir nur einen Gummiräderwagen mit Pferden“, amüsiert er sich. Zwei Jahre später tuckerte dann aber auch bei den Schäkels der erste Trecker über die Felder. Jede Familie hatte als Selbstversorger einen Garten, in dem Obst und Gemüse angebaut wurden. Alle Erzeugnisse wurden im regionalen Markt umgeschlagen. Erinnert sich noch jemand an die Petershäger Apfelwiesen, die die Stadt wie einen Kranz umgaben? Am Schloß, an der Meßlinger Straße, der hohen Gartenstraße und am Gaswerk leuchteten im Frühjahr die blütenbeladenen Apfelbäume und im Herbst warteten die knackfrischen Früchte auf ihre Ernte. Gibt es heute im Supermarkt fünf Modesorten mit wohlklingenden Namen, säumte unsere Stadt noch bis vor einigen Jahrzehnten die Vitaminbomben aus altdeutschen Sorten.
Das Milchvieh war besonders wichtig, damit die Kühe viel Milch gaben, mussten sie gut versorgt werden. Die Zucht guter Milchkühe war wichtig, hier gab es von der Stadt einen Zuschuss für den Kauf guter Zuchtbullen. In der Landwirtschaftsschule lernte Wilhelm Schäkel noch, wie man guten Mist herstellt. „Halt ihn feucht und tritt ihn feste, das ist für den Mist das Beste“, zitiert er lachend seinen damaligen Lehrer. Technischer Fortschritt, der Zusammenschluss von Betrieben, sinkende Erzeugerpreise und der Einsatz von billiger Chemie statt feuchtem und festen Mist führten in den letzten Jahrzehnten dazu, dass die meisten landwirtschaftlichen Bertriebe aus Petershagen verschwanden. Steigende Löhne machten den eigenen Garten unnötig. Für die Bauern hieß es: Wachsen oder weichen. Wenige Großbetriebe versorgen heute das ganze Land. Wilhelm Schäkel betrachtet diese Entwicklung mit Sorge. „Kollabiert dieses System der Fremdversorgung, sieht es düster aus in Petershagen.“
Text und Foto: Melanie Vorfeld