Freitag, 19. April 2024

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Standort Frille: Friedrich Rohlfing – Mühlenbauhof

Als Leiter des 1990 gegründeten Mühlenbauhofs kennt sich Friedrich Rohlfing bestens mit der historischen Technik aus.

Foto: Krischi Meier

Frille (kri). Begonnen hat alles im Jahr 1976 als ein Anliegen des Denkmalschutzes. Die vielen im Kreis Minden-Lübbecke noch erhaltenen Mühlen wurden damals als landschaftliche und baugeschichtliche Besonderheit erkannt, die unsere Region zu etwas ganz Besonderem in Deutschland machen. In den 1980er Jahren prägte sich immer mehr der Begriff „Mühlenkreis“ ein. Der Mühlenbauhof in Frille ist eine in ganz Deutschland einzigartige Institution, die sich um die Restaurierung und Instandhaltung von insgesamt 44 Mühlen kümmert. Als Leiter des 1990 gegründeten Mühlenbauhofs kennt sich Friedrich Rohlfing bestens mit der historischen Technik aus.

Was ist die Aufgabe des Mühlenbauhofes?
Wir möchten Mühlen verschiedener Art als Baudenkmäler erhalten. Wir setzen uns seit mehreren Jahrzehnten gegen den Verfall oder den Abriss der heimischen Mühlen ein. Für die Meßlinger Mühle gab es beispielsweise ursprünglich schon einen Plan zum Abriss, doch wir konnten das Bauwerk erhalten. Zu dieser Zeit beherrschten nur noch ganz wenige das Handwerk des Mühlenbauers, sodass wir zu Beginn gar nicht wussten, wie eine fachgerechte Sanierung und Instandhaltung erfolgen kann. Viel Wissen war bereits verloren gegangen, das wir uns aus alten Büchern und Schriften wieder aneignen mussten. Manche Schritte haben wir uns mittels „Learning by Doing“ erarbeitet. Neue Holzverschindelungen, Restaurierung historischer Mahlgänge, Bau von Wasserrädern oder kompletter Neubau von Segelflügel aus Holz sind nur ein Teil der täglichen Arbeit unserer vier Handwerker. Das Know-How des Mühlenbauhofes ist in Deutschland einzigartig. 11 Mühlen im Kreis Minden-Lübbecke sind im Besitz des Mühlenvereins selbst, weitere 33 Mühlen sind in Privatbesitz oder im Eigentum von Städte und Gemeinden. Die Eigentümer sind in der Regel auch daran interessiert, die Mühlen für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Wie bekannt ist eigentlich Frille als Standort des Mühlenbauhofes in Deutschland und darüber hinaus?
Sehr bekannt! Mit 44 Mühlen im Kreis Minden-Lübbecke sind wir das „Mühlenzentrum“ in Deutschland. Zusammen mit Dänemark und den Niederlanden, in denen ebenfalls viele gut erhaltene Mühlen stehen, arbeiten wir derzeit an der europäischen Mühlenstraße „Via Molina“ und möchten Mühlenrouten in ganz Europa für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Wir hoffen, bald vom Europarat zertifizierte Kulturroute zu werden. Neben dem Mühlenbauhof ist in Frille übrigens auch der Sitz der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung e.V. (DGM), die über rund 3.400 Mitglieder verfügt. Warum wir uns als „Mühlenkreis“ bezeichnen dürfen, wird schnell klar, denn unser Kreismühlenverein stellt fast ein Drittel der Mitglieder der DGM.

Warum ist Frille Standort des Mühlenbauhofs?
Das ist eher zufällig entstanden. Vor mehreren Jahrzehnten hatte der Mühlenverein eine Scheune in Lübbecke-Eilhausen zur Einlagerung von Mühlenteilen gepachtet, die jedoch nicht ausbaufähig war. Zeitgleich hatte der Kreis Minden-Lübbecke den Hof in Frille gekauft, mit der Maßgabe diesen abzureißen, um Platz für eine geplante Umgehungsstraße zu schaffen. Widerstände aus der Bürgerschaft und der parallele Bau der B482 haben dafür gesorgt, dass man von der ursprünglichen Planung Abstand genommen hatte. Während der Mühlenverein nach einem Gebäude gesucht hat, stand der Hof in Frille nun zur Verfügung — Win-Win-Situation für beide Seiten.

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Welche Mühlen haben einen ganz besonderen Stellenwert?
Jede Mühle hat seine eigene Geschichte. Die Schiffsmühle auf der Weser in Minden, die momentan renoviert wird, ist die einzige mahlfähige Wassermühle in Deutschland, die durch ein Fließgewässer angetrieben wird. Außergewöhnlich ist auch die Rossmühle in Oberbauerschaft. Normalerweise treiben die Pferde die Mühle im Außenbereich an. Die Mühle in Oberbauerschaft ist aber so konstruiert, dass die Pferde im Inneren der Mühle laufen.

Wieviel Technik steckt in einer Mühle?
Eine Mühle ist prinzipiell nichts anderes als ein „Motor“, der mit Wind-, Wasser- oder Muskelkraft eine Maschine antreibt. Dabei gab es über 200 Arten der Kraftabnahme in der Mühle. Die Kornmühle, die das Getreide zu Mehl verarbeitet, ist die Bekannteste. Neben dem Antrieb des Mahlsteins haben Mühlen teilweise über weitere Technik verfügt, die zum Beispiel das Getreide automatisch zum Mühlstein transportiert und maschinell gereinigt hat. Der Kreis Minden-Lübbecke war früher jedoch eher eine ärmliche Region. Eine größere technische Ausstattung war aufgrund kleiner Mahleinheiten an vielen Mühlen nicht wirtschaftlich darstellbar, sodass in diesen Mühlen für den Mahlvorgang viel körperliche Arbeit erforderlich war. Die Mühle in Bergkirchen wurde zur Herstellung von Pflanzenölen aus Ölsaaten genutzt, die Wassermühle in Döhren hat ein Sägewerk angetrieben.

Welche Projekte sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Das ist zum einen der Bau der Schiffsmühle in Minden, die 1998 in einer außergewöhnlichen Rekonstruktion mit Plänen aus dem 18. Jahrhundert gebaut wurde. Zum anderen bleiben auch die Umzüge mehrerer Mühlen in guter Erinnerung. Der Umzug der Bockwindmühle in Neuenknick in den letzten eineinhalb Jahren war ein Highlight, da in der Mühle immer noch sehr viele Originalteile verbaut sind. In Oppenwehe haben wir ebenfalls eine Bockwindmühle versetzt. Schwieriger war der Umzug der Steinholländermühlen in Eisbergen und Levern. Dort wurde der mehrere hundert Jahre alte Sandstein abgetragen und am neuen Standort wieder aufgemauert, um die Mühlen weitestgehend im Originalzustand zu erhalten.

Was ist das Mühleninformationszentrum?
Der Mühlenbauhof in Frille ist nicht nur Werkstatt sondern informiert auch über zahlreiche Themen zu den Mühlen. Im Mühleninformationszentrum, das während der regulären Öffnungszeiten und nach Terminabsprache am Wochenende besichtigt werden kann, wird die Geschichte hinter den Mühlen gezeigt. Dabei werden auch technische Details erläutert. Mit einem eigenen Windkanal wird zum Beispiel demonstriert, wie eine Windrose funktioniert. Hier bieten wir auch Konferenzräume und Fremdenzimmer an, die sowohl während unserer eigenen Sitzungen und Tagungen, als auch von Gästen und Touristen genutzt werden können.

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